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"...Candice und Ritchie sahen einige Songs auf YouTube. So kam alles ins Rollen und ich wurde Mitglied bei Rainbow..."
Er gehört zu den sympathischsten und stimmgewaltigsten Sängern der letzten Jahre. Was zuerst bei Lords Of Black in Erscheinung trat, konnte der gebürtige Chilene später als neuer Sänger bei Rainbow unter Beweis stellen. Ronnie Romero hat sein Talent inzwischen aber auch bei CoreLeoni, Vandenberg und Michael Schenker gezeigt. Auch wenn Ronnie die kommenden Shows mit Michael nun sausen lässt und sich heuer ganz auf den «Eurovision Song Contest» konzentriert, wo er mit dem "Intelligent Music Project" für Bulgarien an den Start geht, sieht er seine musikalische Zukunft beim Wundergitarristen aus Deutschland. Mit seinem ersten Solo-Album «Raised On Radio» zelebriert er zudem seine Vorliebe für den Classic Rock und lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er sich hinter Sängern wie Jimi Jamison (Survivor), Robert Plant (Led Zeppelin), Ronnie James Dio (Dio, Black Sabbath, Rainbow, Elf) oder Brian Howe (Bad Company) zu verstecken braucht.
MF: Ronnie, wer hatte die Idee zum Solo-Album?
Ronnie: Die kam vom Plattenlabel (lacht). Sie waren in den letzten Jahren auf der Jagd danach (lacht). Ich war mir zwar nicht sicher, ob dies wirklich eine gute Idee sei, da ich noch in anderen Bands aktiv war. Sie liessen jedoch nicht locker und waren der Meinung, dass ich was tun sollte, was ich vorher noch nie tat (grinst). Das Problem war wirklich, dass ich in viele Dinge involviert war und mir einfach die Zeit fehlte. Darum wollte ich nichts Neues anreissen, und die Idee eines Solo-Albums fand ich jetzt nicht gerade eine spannende Geschichte, auch nicht für meine Fans. Serafino Perugino (Frontiers Music) und ich diskutierten, als er mich plötzlich fragte, wieso ich mich nicht an einem Cover-Album versuche, wenn ich schon kein Solo-Album veröffentlichen wolle (lacht). Aus diesem Gedanken entstanden die ersten Schritte zu «Raised On Radio».
MF: Hast du die Songs selbst ausgewählt?
Ronnie: Ja, alle Lieder waren Ideen von mir, und ich habe sie ausgewählt. Dabei war es mir wichtig, dass ich nicht solche Tracks berücksichtige, welche die Fans von mir erwarten, wie zum Beispiel Songs von Rainbow oder Dio (grinst). Ich versuchte bei der Songauswahl meine Anhänger zu überraschen. Es sollte etwas anderes als die bekannten Hits der jeweiligen Bands sein.
MF: Ich denke, genau das macht den spannenden Moment aus, dass du nicht die Lieder ausgesucht hast, die man als die grossen Hits dieser Truppen kennt…
Ronnie: …da hast du absolut recht. Jeder Track gehört aber zu meinen Favoriten, die ich mir damals anhörte, als ich noch ein kleiner Junge war. Ich wuchs mit diesen Liedern auf, und viele Erinnerungen sind mit ihnen verbunden (grinst zufrieden). Aus diesem Grund sind es diese Songs, die für mich so speziell sind. Als ich vierzehn Jahre jung war, spielte ich genau diese Lieder mit meiner ersten Coverband oder ich hörte sie zusammen mit meinem Vater an. Darum ist «Raised On Radio» auch eine sehr persönliche Scheibe für mich geworden.
MF: Gibt es Lieder, welche du noch gerne auf «Raised On Radio» gehabt hättest?
Ronnie (lachend): Es gab eine lange Liste mit möglichen Tracks. Am Ende blieben etwa fünf bis sechs Songs übrig, die ich gerne eingesungen hätte, die es aber nicht auf die Scheibe schafften. Dazu gehören unter anderem Journey. Ich realisierte, dass ich die Truppe schon mit Lords Of Black gecovert habe. Gerne hätte ich auch was von Gotthard gemacht, aber wie du weisst (lacht), war ich lange Zeit bei CoreLeoni. Aus solchen Gründen fielen einige Lieder aus der Setliste, und so kristallisierten sich die Tracks heraus, die nun auf «Raised On Radio» zu hören sind. Wie schon erwähnt, bin ich mir sicher, dass diese Songs die grössere Überraschung sind, als wenn ich mich bloss auf die Erwartung der Zuhörer:innen konzentriert hätte (grinst).
MF: War einer der Nummern eine besondere Herausforderung für dich?
Ronnie: Da es nicht die Geschichten sind, die ich normalerweise singe, war es grundsätzlich eine neue Herausforderung. Es waren nicht diese typischen Hard Rock Tracks oder das Rainbow Material, sondern eher melodische Rock Tracks, die eine andere Vorgehensweise beim Singen erfordern. Survivor («Backstreet Love Affair») war sicher eine Herausforderung, aber auch Led Zeppelin («Since I've Been Loving You»). Immer wenn ich ins Arrangement des Songs eintauchte…, das war eine dermassen bluesige und intensive Angelegenheit…, es war nicht einfach, diesen Song zu singen, und beide Tracks waren sicherlich die schwierigste Aufgabe für mich.
MF: Für mich ist «No Smoke Without Fire» der beste Track…
Ronnie (lachend): …ja…
MF: …da hast du wirklich verdammt viel Emotionen mit reingepackt.
Ronnie: Danke Martin. Ja (lacht), singst du ein Cover, gibt es diese feine Linie zwischen purer Kopie und dem Versuch, deine eigene Persönlichkeit in den Song zu stecken. Das ist ein wirklich dünner Faden. Ich versuchte «No Smoke Without Fire» so zu singen, wie ich es fühle. Damals spielte ich diesen Track mit meinen Schulkameraden in kleinen, verrauchten Clubs. Am Wochenende übten wir ihn und versuchten die gleiche Energie, Spannung und Illusion zu kreieren. In meinen Augen ist es wichtig, dass man solche Songs nicht nur nachspielt, sondern ihnen auch das gleiche Flair verleiht, welche die Originale auszeichnen.
MF: Haben dich die Sänger dieser Songs beeinflusst?
Ronnie: Absolut! Ich bin mit ihnen aufgewachsen und noch bevor ich mit Deep Purple und Rainbow in Kontakt kam. Mein Vater war ein grosser Fan des klassischen US-Rocks. Ich wuchs mit Foreigner und Journey auf. Es ergab sich bisher nie die Möglichkeit, diese Truppen zu covern, da ich mehr in Metal-Projekten involviert war. Nun wurde es möglich, dass ich mich mit den Liedern auseinander setzen konnte, die ich mir bereits als kleiner Junge, zusammen mit meinem Dad, anhörte.
"...seit ich ein kleiner Junge war, versuchte ich all die grossen Sänger zu imitieren. Das hat mir heute die Fähigkeit verliehen..."
MF: Wolltest du denn immer Sänger werden?
Ronnie: Oh ja, das war für mich schon immer klar (lacht). Ich erinnere mich, als ich sechs oder sieben Jahre alt war, dass ich zu Hause immer am Schreien war (lacht). Ich komme aus einer sehr musikalischen Familie und war die ganze Zeit von Instrumenten umgeben. Mein Vater sang, meine Mutter spielte Gitarre, mein Grossvater blies ins Saxofon und mein Bruder war Schlagzeuger. Das Interessanteste am Singen für mich ist…, seit ich ein kleiner Junge war, versuchte ich all die grossen Sänger zu imitieren. Das hat mir heute die Fähigkeit verliehen, dass ich unterschiedliche Stile singen kann. Ich sage immer, dass ich kein talentierter Sänger bin. Nicht wegen meiner Stimme (lacht), aber ich lernte, wie ich mich ausdrücken und die Persönlichkeit anderer umsetzen kann. Ich denke, das ist mein wirkliches Talent (lacht). Ich hatte nie Gesangstunden! Ich versuchte es einige Male, realisierte aber, dass mir Lehrer versuchten zu zeigen, wie sie singen. Dabei verliert man seine eigene Persönlichkeit. Die Grundtechniken bezüglich der Atmung oder wie man die Stimme einsetzt, das waren meine Lernstunden. Ich kann keine Noten lesen, aber ich weiss, wie ich das Gehörte umsetzen kann.
MF: Wie kam es dazu, dass du Sänger von Rainbow wurdest?
Ronnie: Oh ja (lachend), das war eine grosse Erfahrung. Ich bin ein sehr grosser Fan von Ritchie Blackmore. Mit meiner ersten Band spielten wir Lieder von Deep Purple. Als ich von Chile nach Madrid umzog, war ich mit Freunden in einer Rainbow Coverband. Wir waren relativ erfolgreich, weil viele Besucher jeweils der Meinung waren, dass meine Stimme sie an jene von Ronnie James Dio erinnern würde. Da unser Gitarrist ausserdem wie Ritchie klang, waren wir dem originalen Rainbow Sound sehr nahe. Candice (Ehefrau von Ritchie) und Ritchie sahen einige Songs auf YouTube. So kam alles ins Rollen (lacht) und ich wurde Mitglied bei Rainbow.
MF: Dort hast du auch eine sehr gute Vorstellung abgegeben…
Ronnie (grinsend): …ich habe es zumindest versucht.
MF: Warst du aufgeragt, als du Ritchie das erste Mal getroffen hast?
Ronnie: Oh ja, dass kannst du laut sagen (grinst). Das war wirklich eine Erfahrung für sich. Ich erinnere mich, wie wir uns in München trafen, in einer Burg ausserhalb der Stadt, in welcher er im Sommer residiert. Sie flogen mich von Madrid nach München ein. Wir sassen beim Abendessen und sprachen zum ersten Mal über die Pläne kommender Shows. Es war ein sehr entspannter Abend. Trotzdem war es eine grosse Erfahrung für mich und ein Tag, den ich nie vergessen werde.
MF: Wie schwer war es für dich in die Fussabdrücke solcher Sänger wie Graham Bonnet, Joe Lynn Turner oder Ronnie James Dio zu treten?
Ronnie: Ich versuchte den Liedern Tribut zu zollen und begriff, dass die Leute, welche die Shows besuchten, eine Band sehen wollten, welche den Originalen so nahe wie möglich kam. Auf der anderen Seite wollten sie keine Kopie der ursprünglichen Sänger hören. Es ist eine feine Linie zwischen der puren Kopie und sich sehr nahe am Originalsound zu bewegen. Die Fans wollten auch keinen Clown zu hören bekommen, der sich an Ronnie, Joe oder Graham versucht. Ich versuchte meine eigene Performance in den Vordergrund zu stellen und dies mit dem grössten Respekt der möglich war, wie die Originale zu singen. Ich bin mir sicher, dass die Besucher dies verstanden haben und es genossen. "Hey, dieser Bursche versucht sich nahe an den Vorbildern zu halten, ist aber weit davon entfernt eine blosse Kopie derer zu sein!" Ich bin mir sicher, das ist das Geheimnis, warum die Leute die Shows mochten.
MF: Ich sah euch am Sweden Rock Festival. Da hatte ich auch das Gefühl, dass ihr ziemlich viel Spass auf der Bühne hattet!?
Ronnie: Ja (lachend)…, das war 2019 und die letzte Tour. Ich bin mir sicher, dass Ritchie diese Konzerte am meisten genossen hat. Zu Beginn waren wir alle gestresst. Die Erwartungshaltung der Leute war riesengross. Es war das Comeback von Ritchie…, nach 25 Jahren! Durch diesen Umstand baute sich ein enormer Stress auf. Mit jedem Konzert spielten wir jedoch tighter und kannten uns besser. Bei den letzten Gigs entspannte sich vieles, und die Shows in München, Finnland, Spanien oder in Schweden waren richtig cool. Ritchie konnte die Auftritte endlich geniessen.
MF: Es war geplant, dass du mit Michael Schenker auf Tour gehen würdest. Wieso wird dies nicht klappen?
Ronnie: Weil (lachend)…, ich werde Teil des diesjährigen «Eurovision Song Contests» sein und für Bulgarien auf die Bühne gehen. Mit dem "Intelligent Music Project" arbeite ich seit vier Jahren zusammen. Dies macht es unmöglich, anderen Verpflichtungen nach zu kommen. Im Mai muss ich für die Proben zur Verfügung stehen. Ich schlug deshalb Michael vor, da es keinen Sinn machen würde, wenn ich nur die ersten vier oder fünf Konzerte singen könnte, sich nach einem Ersatz umzusehen. Darum bat ich ihn, einen anderen Shouter für diese Konzertreise zu finden. So, dass ich dann für die Sommer Festivals und die Amerika Tournee wieder einsteigen kann. Er hatte Verständnis für meine Situation. Das ist somit nur ein temporärer Ausstieg (grinst).
MF: Du singst bei Michael Schenker, warst Mitglied bei Vandenberg und CoreLeoni. Wieso verlässt du solche Bands nach einiger Zeit wieder und gehst einen anderen Weg?
Ronnie: Gut (lacht)…, weisst du (lachend), als junger Musiker suchst du die Herausforderung, Aufregendes wie Neues und startest deine Karriere. Als junger Typ hast du unterschiedliche Vorstellungen, Standpunkte und Gefühle, was richtig oder falsch ist (grinst). Musiker zu sein ist kein normaler Job (grinst). Ab und zu wollen diese Gas geben und dann doch nicht. Die einzige Ausnahme ist Michael Schenker, da funktioniert es, weil er die ganze Zeit an seiner Sache arbeitet. Als junger Musiker willst du raus gehen, spielen und Spass haben. Die Pandemie hat vieles ausgebremst und einiges musste deswegen neu angesetzt werden. Dabei kann es passieren, dass man getrennte Wege geht.
MF: Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Ronnie: Durch mein erstes Solo-Album hat sich die Möglichkeit zu einem zweiten Teil ergeben, der sich mehr mit Metal-Tracks beschäftigen wird. Der Titel wird «Raised On Heavy Radio» sein (grinst). Dabei werde ich mich an Lieder von Judas Priest, Yngwie Malmsteen und solchen Truppen wagen. Ich möchte meinen Namen als Solo-Artist bekannter machen. Im Mai wird das neue Michael Schenker Album veröffentlicht, und da will ich ein Teil dessen sein, dass wir diese Scheiben supporten können, mit den Sommer-Festivals und der Herbst-Tour in den Staaten. Das sind die aktuellen Pläne. Es macht den Anschein, dass sich wieder alles hin zur Normalität bewegt, ganz langsam. Darum bin ich mit meinen Plänen sehr vorsichtig. Schritt für Schritt hoffe ich, dass es möglich sein wird normal zu touren und die jeweiligen Alben vorstellen zu können. Im Moment beschränken sich meine Aktivitäten also auf Michael Schenker und mein Solo-Material.
MF: Ich danke dir für das Interview und deine Zeit.
Ronnie: Danke dir für deine Fragen und deinen Support.
MF: Ich hoffe, dich bald wieder in der Schweiz zu sehen…
Ronnie: …ja, das hoffe ich auch, bald wieder bei euch auftreten zu können. Die Schweiz ist eines meiner Lieblingsländer..., ich habe viel Zeit bei euch verbracht.
Ronnie Romero live am Sweden Rock Festival mit Rainbow!