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"The most merciful thing in the world, I think, is the inability of the human mind to correlate all its contents." H.P. Lovecraft's «The Call of Cthulhu» (1928)
In den unfassbaren, jenseitigen Ecken des Alls, dort, wo das Nichts selbst schimmert und zu einem unsäglichen Dämmerzustand des Unerklärlichen wird, entfaltete sich eine uralte Musik, und finden wir Trost in den unheimlichen Klängen der Grossen Alten, deren Musik widerhallt mit der kosmischen Dissonanz und den unaussprechlichen Schrecken des Universums. Mit ihrem neuen Werk «Kadath» taucht die Band weiter in das rasende Labyrinth von H.P. Lovecrafts unermesslichsten Visionen hinab. Hier werden wir nicht nur mit dem Makabren konfrontiert, sondern vielmehr eingeladen, ja, förmlich gezwungen, die albtraumhaften Gänge der Traumlande zu durchschreiten, auf der Suche nach der sagenumwobenen Stadt Kadath, die Randolph Carters gequältes Bewusstsein heimsucht.
Das fünfte Werk von THE GREAT OLD ONES verlässt die gewohnten Tiefen des Cthulhu-Mythos und taucht stattdessen in die unbekannteren Weiten von Lovecrafts Traumzyklus ein. Das Ergebnis ist eine ebenso berauschende wie erschreckende Reise, die die Grenzen zwischen grausamer Wunderwelt und unsagbarem Schrecken verwischt. «Kadath» beginnt mit dem majestätischen und doch unheilvollen zweiteiligen «Me, The Dreamer», das Carters rastlose Reise durch das Land der Träume widerspiegelt. Jede Note scheint vor fieberhafter Sehnsucht zu pulsieren, doch das unerbittliche Tempo der Musik unterstreicht die Hoffnungslosigkeit seines Unterfangens. Wir werden in eine Welt hineingezogen, in der Traum und Wirklichkeit verschwimmen.
Das Ganze wird zudem bei jedem Schritt von unüberwindlichen Gefahren und einem schleichenden Wahnsinn begleitet, der uns den Verstand zu rauben droht. Schon beim ersten Zittern der Gitarren wird klar, dass The Great Old Ones die Grenzen ihrer bisherigen Werke weit überschritten haben. Das Songwriting ist reicher, die Atmosphäre betörender und der Horror greifbarer. Der eröffnende Titel fungiert zugleich als Prolog und Einladung – uns hineinziehend in Carters Halluzinationen, wo Städte mit unmöglicher Geometrie in den Sternen glänzen und Götter der Albträume aus der sich windenden Dunkelheit hervorlugen. Mit Wucht und Präzision erschafft die Band eine Klanglandschaft, die die Komplexität und den Schrecken der Traumlande widerspiegelt.
Benjamin Guerrys Gesang, rau und guttural, ruft die Verzweiflung und den Schrecken eines Mannes hervor, der am Rande des Wahnsinns steht. Die Gitarren, meisterhaft geschichtet von Guerry, Aurélien Edouard und Alexandre Rouleau, schwanken zwischen melancholisch-melodischen und verzweifelt-dissonanten Tönen, während Gregory Vouillats Bass und Julian Deanas Schlagwerk die gesamte Reise mit einer unerbittlichen Intensität stützen. Gemeinsam erschaffen sie eine klangliche Manifestation von Carters emotionaler Zerrissenheit und dem Abstieg in den Wahnsinn.
Eines der auffälligsten Merkmale von «Kadath» ist die eindrucksvolle Nutzung des Raums in der Musik. Das Album bewegt sich nahtlos zwischen chaotischen, kakophonen Ausbrüchen und Momenten unheimlicher Ruhe, die die wandelnden Landschaften von Carters Träumen widerspiegeln. In Stücken wie «Leng», einer 15-minütigen, instrumentalen Odysee und dem schaurigen «Second Rendez-Vous» fängt die Band den scharfen Gegensatz zwischen der Schönheit und dem Schrecken der Traumlande ein.
Gerade in diesen Momenten des transzendentalen Staunens, des kosmischen Erstaunens, entfalten die The Great Old Ones ihre wahre Pracht. Die gespenstischen Melodien, das unerbittliche Schlagwerk und die viszerale Gesangs-Darbietung verschmelzen zu einem Erlebnis, das gleich einer Reise in einen kosmischen Fiebertraum ist. Die Band beherrscht es meisterhaft, das Zerebrale mit dem Primalen, das Fantastische mit dem Grauen zu vereinen. «Kadath» ist ein Meisterwerk, eine klangliche Reise, die im Geist verweilt, lange nachdem der letzte Ton in die Leere versickert ist.
Am Ende ist «Kadath» mehr als nur ein Album. Es ist ein Portal – ein Tor zu den Welten jenseits des menschlichen Begreifens, wo die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verschwimmen und die Schrecken des Kosmos offenbart werden. The Great Old Ones haben sich einmal mehr als die unerbittlichen Navigatoren des Lovecraft'schen Abgrunds erwiesen. Für jene, die wagen, über den Schleier zu blicken, ist «Kadath» eine Einladung – eine Herausforderung, das Unvorstellbare zu erblicken und sich dem kosmischen Schrecken zu stellen, der an den Rändern unserer Wahrnehmung lauert..., und lest mehr Lovecraft!
Lukas R.