Die Combo aus Portland (USA) hat sich erst 2017 formiert und ist mitunter aus der Asche der Vorgänger-Truppe Spellcaster entstanden. Treibende Kräfte zu Beginn waren deren zwei Ex-Members, sprich die beiden Gitarristen Bryce R. VanHoosen und Sebastian Silva. Letzterer ist ja noch bei den Goth Rockern Unto Others dabei, die bis letztes Jahr bekanntlich mal Idle Hands hiessen. Dort wiederum findet sich mit Sänger Gabriel France ein weiteres ehemaliges Mitglied von Spellcaster wie nota bene Silver Talon. Und last, but not least müssen hier auch Cobra Spell erwähnt werden, denn dort teilt sich der offensichtlich ziemlich umtriebige Sebastian S. den Posten an seinem Instrument mit einer gewissen Sonia "Anubis" Nusselder (Ex-Burning Witches)! Spätestens mit der ersten EP «Becoming A Demon» von 2018, wo mitunter die ersten Demo-Tracks «Devil Machine» und «Warrior's End» neu aufgenommen wurden, begann der Bär zu tanzen! In der Schnittmenge von Savatage wie Nevermore (mehr) und Brainstorm (weniger) gab es sechs Killer-Songs voll auf die Zwölf, die die Erwartungen an das full lenght Debüt in schwindelerregende Höhen getrieben haben. Da kriegt man vor so einer Rezi echt Bammel, um nicht enttäuscht zu werden.

Zu meiner grossen Freude ballert einen der grossartige Opener «Deceiver, I Am» gleich vorab aus den Latschen! Eingebettet in die Drum-Vibes von Judas Priests Klassiker «Painkiller» erleben wir hier wohl die Auferstehung der neuen Nevermore! Einfach nur grandios wie überhaupt, was Drummer Michael Thompson da abliefert. Zumindest hier und jetzt stehen Savatage im Gegensatz zur EP eher im zweiten Glied. Auch das thrashig beginnende «Resistance 2029» (mit Guest Andy La Rocque von King Diamond) lässt weitere Erinnerungen an Nevermore aufkommen, und die ruhige Bridge in der Mitte passt wunderbar dazu. Spätestens bei «As The World Burns» stehen die Sava-Vibes erneut im Rampenlicht, und damit schält sich nun definitiv das Geniale an Silver Talon heraus. Das findet seine Fortsetzung beim unerwartet zart beginnenden Track «Next To The Sun», wo Leadsänger Wyatt Howell zuerst dem grossen Warrel Dane (R.I.P.) huldigt, um nachher locker Zak Stevens heraus zu kehren, und das ohne jegliche Affektiertheit eines Rip-Offs. Kann man Nevermore und Savatage besser zu etwas Eigenem machen? Ich glaube nicht. Die Amis sind die Band der Stunde, wenn nicht des Jahres, das ja szenemässig beileibe nicht schlecht angefangen hat.

«Kill All The Kings» bedient ausserdem die Speed-Schiene mit einem Schlenker hin zu Yngwie Malmsteen und fährt dennoch tonnenschwere Riffs wie flinke Soli auf. Darüber thront einmal mehr das hammermässige Drum-Spiel von Master Thompson. Nichts als Gänsehaut pur folgt bei «What Will Be» mit der nächsten Ehrerbietung an den unvergessenen Warrel (Solo), die einem fast die Tränen in die Augen treibt! Ich kann kaum fassen, was ich hier zu Gehör bekomme..., einfach unglaublich..., besser gehts nicht!! Aber Silver Talon haben noch einen Trumpf in der Hand, der den Titel «Touch The Void» trägt und während acht Minuten ein letztes Mal alles auf den Tisch legt, was diese Mega-Band zu bieten hat. Darum hier nochmals alle Protagonisten in Reih und Glied, die hoffentlich bald auch live alles nieder reissen werden: Wyatt Howell (Vocals), Bryce R. VanHoosen (Guitar), Sebastian Silva (Guitar), Devon Miller (Guitar), Walter Hartzell (Bass) und Michael Thompson (Drums). Darüber hinaus soll auch das tolle Cover-Artwork erwähnt werden, das von Gerald Brom ("World Of Warcraft") gestaltet wurde. Wer «Decadence And Decay» nicht auf dem Einkaufszettel stehen hat, verpasst eines der besten Debüts der letzten Jahre!
Rockslave