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Es ist nun ein bisschen mehr als zwei Jahre her, als NorthTale mit ihrem unschlagbar (?) guten Debüt «Welcome to Paradise» die Metalwelt überzeugten. Trotz des starken Line-ups und des perfekt gelungenen Albums blieb der Durchbruch aber noch aus.
Eine leise Hoffnung, dass sich dies mit dem zweiten Silberling der Supergroup ändern wird, habe ich nun aber. Das letzte Jahr lief anders als von vielen geplant, es gab dadurch aber auch Zeit, am neuen Album zu arbeiten und es zu perfektionieren. Mit dem Wissen, dass ein Album aus der Feder des präzisen Bill Hudson und von ihm handverlesenen Leuten doch nur solide sein kann, konnte ich recht entspannt an die Sache gehen. Einmal mehr wurde ich davon überzeugt, dass diese Supergroup viel grössere Erfolge haben müsste, als sie bisher erleben durfte. Etwas Wichtiges muss vor der eigentlichen Rezension aber noch erwähnt werden: der Sängerwechsel. Nachdem Christian Eriksson (Ex-Twilight Force) die Band zum Schock der Fans verlassen hat, suchte Bill Hudson sehr lange nach einem würdigen Nachfolger. Mit seinem Landsmann Guilherme Hirose (TraumeR) konnte ein perfekter Sänger für die internationale Formation gefunden werden. Im Dezember letzten Jahres wurde das Geheimnis gelüftet; der Brasilianer überzeugte die Band und auch mich persönlich. Ein Performance-Video mit seiner Version von «Bring Down The Mountain» löste viele positive Kommentare aus und dies zurecht. Seine beruhigende und angenehme, aber nichtsdestotrotz kraftvolle Stimme passt meiner persönlichen Meinung nach perfekt zum Sound der Band. Das Gesamtbild wirkt auf mich harmonischer, auch wenn es beim Vorgänger gesangstechnisch absolut nichts auszusetzen gibt. Nun, zur eigentlichen Review. Gewisse Erwartungen waren da, doch diese wurden nicht nur erfüllt, sie wurden absolut übertroffen. Was viele neuere Bands wirklich lernen können, ist, dass es nicht unmöglich ist, sich nach einem Bomben-Release selber zu toppen und dass dabei eine Qualitätssteigerung immer möglich ist. NorthTale machens vor. Wir hören den bereits vertrauten NorthTale-Sound, doch dieser wirkt durch die neuen Elemente viel umfangreicher. Die Band ist sich selbst musikalisch treu geblieben, aber dennoch klingt alles viel grösser und frischer. Wie nach einem grossen Update, um es technisch auszudrücken.
Einige Einflüsse könnte man als ein Experiment bezeichnen, ethnische Musik und Metal funktioniert als Mischung aber wie wir alle wissen, sehr gut. Der Begriff Power Metal ist zwar korrekt, müsste für mich aber ein wenig überdacht werden. Was NorthTale mit ihrem zweiten Studio-Album präsentieren, geht um einiges über Power Metal hinaus, aber irgendwie kann ich keine weiteren Bezeichnungen festmachen. Vielleicht auch gut so. Zu meiner grossen Freude sind viele orchestrale Parts auszumachen, welche mir in einigen der Songs sehr stark auffallen. Aber auch Jimmy Pitts' Keyboards und Orgeln entführen die Zuhörer:innen. Teils wirkt die Musik fast schon märchenhaft. Ein Muss in Bill Hudsons Band ist natürlich der grosse Anteil geiler Gitarrensoli. Sexy Riffs hatte er schon immer im Griff! Im Zusammenspiel mit allen anderen Bestandteilen erhalten wir etwas, was man zweifellos als den sogenannten «Eargasm» (Ohrgasmus – mit Betonung auf H) bezeichnen kann. Beim Durchhören (ohne sich auf irgendwas zu fokussieren) entsteht der Eindruck, dass die Drums und der Bass etwas zurückhaltend sind. Was ich normalerweise als sehr schade bezeichnen würde, macht in diesen Kompositionen aber Sinn, und wären diese beiden Instrumente "aufdringlicher", würde eine zu grosse Disharmonie entstehen. Bei den Lyrics gibts auch was Neu(er)es – wenn auch nur bedingt. Wieder mehrheitlich von Bill Hudson geschrieben, ist wieder ein Muster erkennbar. Melodiös wie auch der Vorgänger, vergeht die Zeit beim Anhören wie im Fluge. Etwas mehr als eine Stunde lang dauert das Vergnügen, doch es fühlt sich wesentlich kürzer an.
Was ich persönlich auch noch sehr an «Eternal Flame» mag, ist die durchschnittliche Songlänge, die über die radiotauglichen drei Minuten hinaus geht. Man kriegt da gewisse Prog-Vibes zu spüren, aber wer nicht so drauf steht, kein Grund zur Beunruhigung. Mit der ersten Singleauskopplung, inklusive stimmigem Lyric-Video «Only Human», gab es gegen Ende September einen recht gut gewählten Vorgeschmack auf das neue Album. Persönlich würde ich zwar einen anderen Song aus dem neuen Repertoire wählen, doch vielleicht ist es auch gut so. Das Beste soll ja auf sich warten lassen. Als zweite Single folgte einen meiner Favoriten, «Midnigh Bells», wo einem die Stimmung der Scheibe als Ganzes etwas näher gebracht wird. Vertraute «Welcome To Paradise»-Vibes kommen auf, aber es klingt irgendwie "stärker". Der Mix könnte einen Einfluss haben. Starprodzuent Dennis Ward (unter anderem Unisonic) ist auf jeden Fall mitverantwortlich für die überragende Qualität dieser Scheibe. Alles in Allem erwartet den Power Metal Fan, aber auch Fans anderer Subgenres, ein Fest für die Ohren, eine Menge kompositorischer Experimente, die alle sehr gut gelungen sind, starke Instrumentals, überzeugende Riffs und wundervolle Vocals. Der Power Metal wird sehr würdevoll vertreten, es wird alles geboten, was dazu gehört – und so viel mehr! Mit Gastauftritten wie auch einem ausschliesslich instrumentalen und sehr an Filmmusik erinnernden Song wird noch mehr Vielfalt in das ohnehin schon abwechslungsreiche Album hinein gezaubert. Sehr aufregend finde ich das Judas Priest Cover «Judas Be My Guide». Ich wage eine vielleicht kontroverse Aussage und behaupte, dass Iron Maidens Originalversion des Songs vergleichsweise mittelmässig klingt. Die neue Interpretation besitzt hingegen das gewisse Etwas. Die Helloween und Gamma Ray Legende Kai Hansen als Special Guest verleiht dem Cover den letzten Schliff. Auch ein gegrowlter Part in fand seinen Weg aufs Album, gekonnt performt von Helion Primes Frontdame Mary Z. «Eternal Flame» ist ein absolutes Must-Have in einer jeder Metal-Plattensammlung. Ende der Durchsage!
Mona