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Metal Factory since 1999
Die Idee, dass der Sänger von WHITE LION die Hits seiner Truppe neu einspielt und dabei eine teils andere Richtung einschlägt, ist nicht neu. Dies hat er schon 1999 mit «Remembering White Lion» und später mit «Last Roar» (2004) getan.
Damals konnte man die umgewandelten Hits grossartig oder befremdend finden. Denn wer will schon seinen geliebten Rock-Tracks oder mit Tränen überschütteten Love-Song mit einer anderen Rhythmik gespielt hören? Damals fand ich die Neuinterpretationen sehr cool. Jetzt, knapp zwanzig Jahre später, gräbt der Däne nochmals die Juwelen der Zeit von 1983 bis 1992 aus und versucht auf seine aktuelle Art, den Liedern ein neues Leben einzuhauchen. Wer Mike in all den Jahren verfolgt hat, weiss, dass er sich vom Hard Rock der Achtziger verabschiedet hat und seine Fans lieber mit der Wandergitarre in einem kleinen Club beglückt, als in den grossen Stadien den kreischenden Mädels sein Lächeln zu schenken.
Genauso klingen die White Lion Lieder heute. Hört man sich zum Beispiel «Little Fighter» an, fehlt es irgendwie an der positiven Art, welche die Ur-Version ausgestrahlt hat. Klar erkennt man die Songs sofort, aber der Glanz von damals scheint mit einer irischen Wehmut überstrichen worden zu sein. Höre ich mir «Broken Heart» an, ein Lied, das mich durch die Achtziger hindurch begleitet hat und für mich ein Track ist, der diese rockende Aufbruchstimmung bestens einfing und umsetzte, so klingt er heute…, würde ich ihn nicht schon kennen, schon wunderschön, aber eben nicht mehr gigantisch! Ebenso wurde der Drive sowie die ansteckende, positive Art von «Cry For Freedom» kastriert und mit einem leicht melancholischem Flair versehen.
Versteht mich richtig, die Songs klingen immer noch sehr gut, wurden gut eingespielt und Mike hatte das Unmögliche schon einmal möglich gemacht, als er während der Jahrtausendwende die Lieder mit einem anderem Flair bestens umsetzte. Darum kann nicht alles "schlechter" sein als damals, und trotzdem setzt der noch immer grossartig singende Sänger dem Ganzen die Krone auf, wenn er «Wait» in der heutigen Version schlicht und ergreifend des Lebens beraubt. Wie auch «Living On The Edge», eine Killer-Nummer, die man mit offenem Dach des Cabrios laut in die schwüle Sommernacht hinaus geschrien hat. Heute, sprich mit dieser Version, schunkelt man und klopft sich den Rhythmus auf den Oberschenkel.
"Ja, cool" lässt sich dazu anmerken, ist aber weit davon entfernt unbesiegbar zu sein und die ganze Welt im Sturm erobern zu können. Über «Tell Me» lege ich besser den Deckel der Verschwiegenheit, und bei der Multiplatin-Ballade «When The Children Cry», die in einer Piano Version gespielt wird, kann Mister Tramp den angekratzten Glanz zumindest ein bisschen wieder freipolieren. Es hätte das Album des Jahres werden können, denn gesanglich ist alles bestens umgesetzt worden, und Mike hätte sich einen für heutige Verhältnisse goldenen Arsch damit verdienen können und sollen. «Songs Of White Lion» ist eine Scheibe geworden, bei der ich allen empfehle, vorsichtig reinzuhören und die Originale als Vergleich beizuziehen.
Tinu