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Wenn der ganze Corona-Schrecken überhaupt einen Sinn abwirft, dann höchstens den, dass die Szene aus Mangel an Konzerten mit einen Kreativ-Schub im Studio reagiert.
Das allerdings besitzt den schwanzbeissenden Haken, dass dafür finanzielle Mittel nötig sind, die aber zunehmend fehlen. Nichtsdestotrotz und ob nun, getrieben durch Corona oder nicht, neue Musik entsteht, erfreut den geneigten Fan sowieso. So gesehen wird die Bilanz des hoffentlich bald endenden Jahres 2020 letztlich sogar noch besser ausfallen als gedacht. Ihren Beitrag dazu leisten erfreulicherweise auch die Kult-Progger Fates Warning, die vier Jahre nach der Top-Scheibe «Theories Of Flight» ihr mittlerweile dreizehntes Masterpiece raus hauen. Gitarrist Jim Matheos und Frontmann Ray Alder nahmen mitte 2019, nach der gemeinsamen Tour mit Queensrÿche, die enge Zusammenarbeit beim Songwriting wieder miteinander auf. Das jetzt vorliegende Resultat entstand nach harter Arbeit, respektive dem ständigen Abwägen, ob der jeweilige Song was taugt oder nicht. Insgesamt ist womöglich das bisher variabelste, sprich verspielteste Album entstanden, das stilistisch verschiedene Bereiche im eigenen Universum abdeckt. Man wollte bewusst, dass sich nicht alles gleich anhört. Deshalb erfreuen einen die bekannten Power-Songs wie der Opener «Destination Onward» oder ein Double-Bass Drum Gewitter der Marke «Shuttered World», umrahmt von Ray Alders kräftigem Gesang. Der Beginn von «Alone We Walk» wird jedoch durch cleanen Gesang veredelt, wo sich Ray verblüffend ähnlich wie Pop-Sänger Seal anhört, ehe sich nachher ein Groove-Monster erster Güte auftürmt.
Halbballadesk zeigt sich anschliessend das wunderbare «Now Comes The Rain», wo Fates Warning unter Hinzunahme von kongenialen Backing Vocals eindrücklich beweisen, wieviel Gefühl man in vergleichsweise kurze 4:15 Minuten rein packen kann. Nicht weniger Gänsehaut erzeugt das initial ruhige «The Way Home», wo Ray einmal mehr brilliert, bevor das proggige Element wieder die Oberhand ergreift und keine Gefangenen macht. Akustische Gitarren und Streicher-Arrangements (!) verwandeln «Under The Sun» ergreifend in eine der besten Balladen, die je an mein Gehör drang. Ganz zu schweigen vom fluffig startenden «Begin Again», bevor einen die nachfolgende Groove-Dampfwalze regelrecht platt macht! Allerspätestens hier weiss der Kenner zudem die wiederum knackige Produktion zu schätzen. Selbst vor etwas Electronica (!) und Xylophon-Klängen (!!) schrecken die Amis, wie bei «When Snow Falls», nicht zurück und wo man den Schnee im Geiste wirklich rieseln sieht. Das kurze und knackige «Glass Houses» legt schliesslich den roten Teppich für den über elfminütigen Rausschmeisser «The Longest Shadow Of The Day» aus, wo sich unter anderem Armored Saint Bassist Joey Vera jazzig in Szene setzen darf und sich auch Jim Matheos keine Blösse gibt, ehe der Prog-Part einsetzt und Fates Warning damit einmal mehr eindrucksvoll unterstreichen, wie geil erstens «Long Day Good Night» in der Tat geworden ist und zweitens welche nach wie vor begnadete Band hier am Werk ist! Ein Jammer zudem, dass es noch lange dauern wird bis..., ach lassen wir das.
Rockslave