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Hohoho, wenn ich all' diese "Mimimi's" zählen würde, welche der Autor dieser Zeilen zu hören bekam, heilige Kameldreckskacke, ich wäre jetzt noch am Zählen, wenn ich es zählen und beachten würde. Yep, wenden wir uns doch lieber diesem Live-Opus zu, bereitet eindeutig mehr Freude als diese "Mimimi'"-Pissnelken allen Couleurs.
Was hatte ich mal in einem Leserkommentar entdeckt, sprich ein herrlicher Satz der lautete: "Jedem Recht getan ist eine Kunst, die niemand kann." Ja, der schmale Grat des Kindischen mag wohl wie ein Damokles-Schwert über jeder Symphonic Metal Band schweben. Manche stürzen dabei sehr schnell in die Versenkung ab, manche halten sich über Jahre hinweg konstant und erfolgreich, wie eben auch Epica. Auf diesem Pfad aller Damoklesschwerter, befeuert mit Damaszenerstahl zum Trotze. In Reuver, Limburg, the Netherlands im Jahre 2003 gegründet, respektive davor noch unter dem alten Namen Sahara Dust von 2002 bis 2003 unterwegs. Und je länger und intensiver sich der Autor dieser Zeilen mit Epica befasst, desto tiefer taucht er in diese herrlichen Kompositionen hinein. Ja, es ist ein Gratspiel, einerseits sind die Gitarren anständig tiefer gestimmt und da finden sich männliche Grolllaute in Paarung mit dem engelshaften, weiblichen Operngesang. Ja, ist nicht jederfraus, beziehungsweise -manns Sache, aber diese Songs strotzen nur so vor gewaltiger Qualität!
Ja, ich höre und lese diese "Mimimi's" schon wieder, auch wenn ich längst aufgehört habe zu zählen. Doch sind es nicht genau diejenigen, egal ob Weiblein oder Männlein, die sich klammheimlich Helene Fischer, Udo Jürgens, Matthias Reim, die Zillertaler Schürzenjäger, Erste Allgemeine Versicherung, Spider Murphy Gang, David Bowie, The Allman Brothers, Johnny Cash, Luciano Pavarotti, Kliby und Caroline, und, und, und rumstehen haben, und sich bei einem Tässchen Tee mit den schwierigen Eltern davon einlullen, belullen, anlullen, und, und, und lassen? Nicht? Wem steht die Schamröte ins Gesicht gebrannt? Häh? So, das musste jetzt einfach mal direkt und deutlich gekotzt werden. Nochmals, wenn es Tagträumer wären, so würde es Epica wohl nicht bald 19 Jahre lang geben, oder? Denn auch das Palmares an Veröffentlichungen lässt sich wohlwollend nickend betrachten, auch nach zehn Studioalben und so manch Diversem.
Somit wird hierbei nun dem zehnten Machwerk «Omega» mit «Omega Alive» gehuldigt und wahrlich verdientermassen. Epica, das sind Simone Simons (Gesang), Mark Jansen (Gitarren & Growls), Isaac Delahaye (Gitarren), Coen Janssen (Synth & Klavier), Ariën Van Weesenbeek (Schlagzeug) und Rob Van Der Loo (Bass), spruch eine gewaltige musikalische Macht. Ein symphonisches Meisterwerk, pompös, traumhaft, atmosphärisch, in Extreme unterteilt, willkommen zu «Omega Alive». Wie herrlich in der Biographie beschrieben, ein Wechselbad der Gefühle, ein Erlebnis irgendwo zwischen Marvel, Cirque de Soleil und Tim Burton. Besser kann diese Symbiose nicht beschrieben werden.
Das Cover-Artwork lädt bereits zum Träumen ein, das Audiotechnische lässt alle Zuhörenden zwischen engelsklarem Gesang und brutal tiefen Growls verstört zurück, jedoch musikalisch wie sexuell hoch befriedigt mit schielenden Augen dastehen. Treibende, riffige, irgendwas zwischen doomigen, powermetallischen, leicht speedigen, thrashigen und melodic-deathigen Akkorden tänzelnd, gepaart mit solodesken Einlagen, und alles auf technisch wie künstlerisch sehr hohem Niveau. Der Bass wummert herrlich mal solodesk, mal brav zuordnend herbei. Die Synths- und Pianoklänge sättigen den Teppich voller Drachenblut, schwerfällig und eben halt sehr symphonisch-orchestral pflegend. Die Drums wirbeln mal leicht blastend, double-bassend, stets groovend und eben dann auch mal balladesk bis in die doomige Langsamkeit des Seins, gepaart mit wirbelnden Toms, zischenden Cymbals und einer satt klingenden Snare.
Der weibliche Gesang lässt die Opernhaftigkeit klar aufleben, denn spätestens jetzt, kann es sich jede/r Metalhead/in etwa vorstellen, eine Oper in 4-Akten reinpfeifend und dahinvegetierend. Die Kombination mit den männlichen Growls lässt die Oper namens «Omega Alive» nun gewaltig explodieren, wie ein erbebender Vulkan. Und ja, ich werde mir die vorangegangenen Alben intensivst anhören, denn songwriterisch sind Epica - wie auch als Musiker:innen - einfach top, ohne Wenn und Aber. So, fünfzehn Tracks, welche eine Achterbahnfahrt wohl als 1. Kindergeburtstag ausschauen lassen und die kompositorisch einfach der Hammer sind. Klar, Epica können gut mit Nightwish, After Forever, Sirenia und Konsorten verglichen werden, und dennoch stechen Epica mit ihrem eigenständigen Sound unverwechselbar hervor. Ja, alle fünfzehn Songs sind einer nach dem anderen in die Ohrmuscheln zu stopfen, ohne Widerrede. Ja, wäre es ein Studio-Album, so gäbe es ohne mit der Wimper zu zucken zehn von zehn Punkten. Werde ich jetzt auf mein Alter hin noch ein weicher, alter Sack? Mitnichten, doch der Autor hat gelernt zuzuhören. Auch dies ist eine Kunst, die manch' eine/r nicht beherrscht. Wer dennoch einen Bogen um Epica herum machen will, die/der soll das. Dafür hat dann der Autor mehr davon. Und nochmals, zum guten und finalen Schwurbelende: "Jedem Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann".
Poldi