Wer sich das jetzt etwas spiessig vorstellt, hat recht und auch wieder nicht. Exzessiv verzerrte Soli, wütendes Gebrüll oder explodierende Lautsprecher darf man von Buzzard Canyon nicht erwarten. Konventionell sind die US-Amerikaner aber trotzdem nicht. Neben zwei Gitarren finden sich ebenso zwei Gesangsstimmen.  Einerseits Amber Leigh, die Hauptvokalistin und andererseits Aaron Lewis, der die männliche Stimme für Duette und zweistimmige Passagen liefert. Amber Leighs Gesangsstil ist überraschend individuell. Wo sich manche Sängerinnen vielleicht zu süssen, schwärmerischen, an anderen Stellen schrillen, raspeligen Sounds hinreissen lassen würden, tritt sie in keine Klischee-Fettnäpfchen. Mit ihren starken, klaren Vocals bewegt sie sich irgendwo zwischen Grunge und Shirley Manson. Mal kompromisslos ungefiltert, mal mit space-igem Echo passt ihre Stimme wunderbar zum breiten Spektrum der Band. Von 70er-Jahre Classic Rock, über Blues-Einflüsse bis hin zu Psychedelic, Stoner, Space und natürlich vor allem Desert Rock findet man auf der neuen Platte alles wieder. Wenige, gekonnt eingesetzte Dissonanzen sorgen dafür, dass die so genannte Vokuhila-Jeansjacken-Scheibe dabei nicht zu sauber und poliert daherkommt. Die Nahbarkeit, die das Album, trotz der musikalischen Reife und Virtuosität der Band, dadurch behält, lässt Buzzard Canyon unheimlich sympathisch erscheinen. Auch das Misfits-Cover «Where Eagles Dare» klingt wie das Tribute einer trotz des Erfolges auf dem Boden gebliebenen Garagenband.
Katrin