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28. Juli 2024, Pratteln - Z7
By Rockslave
Der Check im Archiv von Metal Factory spuckt drei Jahre aus, die mit Schweizer Auftritten der britischen Kult-Rock-Band The Cult aufwarten, nämlich 2010 (Zürich, Volkshaus), 2011 (Sursee, Open-Air) und 2017 (Pratteln, Z7). Heisst also "bloss" sieben Jahre später konnten ein Kollege vor Ort und meine Wenigkeit sich nicht mehr daran erinnern..., autsch! Das gleich mal zum Thema älter werden und oder dem Umstand, dass bei so vielen Konzert- und Festival-Besuchen jahrein und jahraus längst nicht mehr alles so detailliert in Erinnerung verbleibt. Vor zwei Jahren erschien mit «Under The Midnight Sun» das elfte und bislang letzte Studio-Album, das sich eher gemässigt zeigte und unter dem Strich mehr nach U2 anstatt AC/DC klang. Da die diesjährige Tournee jedoch unter dem Banner "8424", sprich für 40 Jahre seit dem Debüt «Dreamtime» steht, war natürlich interessant, welche Tracks dafür berücksichtigt wurden. Bevor dies Gewahr wurde, lieferte Jonathan Hultén, der ehemalige Gitarrist der schwedischen Death Gother Tribulation, einen speziellen Auftritt ab.
Jonathan Hultén
Der farbenprächtige Bühnenaufbau liess von Anfang an schon erahnen, dass hier gleich etwas "ausserhalb der Norm" stattfinden wird. Allerdings musste man sich zunächst etwas in Geduld üben, da der ursprünglich angesetzte Beginn von 19:00 Uhr auf 19:45 Uhr verschoben und das halbe Z7 mit entsprechend dazu aufgehängten Flyern versehen wurde. Ein paar Minuten vor dem Auftritt wurden zudem noch Räucherstäbchen angefacht, was einstweilen für ein paar Fragezeichen sorgte. Aber seis drum, denn das Gesamtbild passte so, und dann schritt Jonathan, in ein schwarzes Gewand mit opulenter Kopfbedeckung gekleidet, auf die Bühne und pflanzte sich vor dem Mikrophon auf.
Anschliessend folgte (s)eine halbstündige Performance, die im Wesentlichen aus mitunter stimmverzerrtem Gesang bestand und teilweise mit einer akustischen Gitarre ergänzt wurde. Das Ganze verströmte dann, und nicht nur der Räucherstäbchen wegen, eine eher einschläfernde Atmosphäre. Immerhin ermöglichte das farbenprächtige Bühnenbild, zusammen mit dem vergleichsweise guten Licht, ordentliche Fotos. Zudem zeigte sich das Publikum fair wie anständig zugleich und spendierte artig Szenen-Applaus. Das erfreute Mr. Hultén sichtlich, der sich mehrmals wie demütig zugleich für die wohlwollenden Reaktionen bedankte und auf leisen Sohlen wieder einen Abgang machte.
The Cult
Und nun waren geschätzt etwa gut 1'000 Leute (inklusive Rezensent) sehr gespannt, was da wohl nun kommen möge. Als dann so ab etwa 20:50 Uhr herum das Intro «Song To The Siren» von This Mortal Coil lief (zumindest dachten alle, es sei das Intro), spülte es mich gedanklich gleich hin zu Héroes del Silencio, weil die das bei ihren Konzerten auch immer benutzten. Danach kam noch der Soundtrack der Ami-Kult-Serie "Twin Peaks" zu Ehren, ehe schliesslich «Ride Of The Valkyries» (Film-Musik vom Klassiker "Apocalypse Now") den Auftritt des Headliners etwa zwanzig Minuten später definitiv einleitete. Der riffbetonte Opener «In The Clouds» von der «Pure Cult - The Singles 1984 - 1995» Compilation setzte darauf umgehend den ersten Markstein und liess das Z7 von Anfang an mit einem lauten und fetten Sound erzittern! Nicht minder heftig setzte «Rise» vom unterbewerteten Album «Beyond Good And Evil» (2001) in selber Manier nach, und spätestens danach brachen mit «Wild Flower», dem grandiosen Opener vom wegweisenden Referenz-Werk «Electric» (1987), alle Dämme!
Frontmann Ian Astbury präsentierte sich dabei mit immer noch überaus kräftigem Gesang und gab sich insgesamt nicht mehr so divenhaft wie früher, während Gitarrist Billy Duffy seinen baulich voluminösen Gretsch-Gitarren nach wie vor die typischen Riffs und Licks entlockte. Allerdings sprach sein sichtlich gealtertes Gesicht ebenso Bände, doch schien er bei guter Laune zu sein, was ja letztlich das Wichtigste war. Wer sich die Liste der ehemaligen Mitstreiter ansieht, wo auf Seite der Drummer so klingende Namen wie Eric Singer (KISS), Matt Sorum (Ex-Guns n' Roses) oder James Kottak (Ex-Scorpions, Kingdom Come) unter vielen weiteren erscheinen, wird sofort klar, dass The Cult schon immer (nur) vom unschlagbaren Duo Astbury/Duffy ausgingen. Das aktuelle Line-up besteht noch aus John Tempesta (drums), Charlie Jones (bass, backing vocals) und eigentlich auch Mike Mangan (keyboards, backing vocals). Letzterer war aber offenbar nicht mit dabei oder musste seine Parts, wie damals Geoff Nicholls (Black Sabbath) mehrheitlich, "unsichtbar" beitragen.
Zur mit simpel "8424" betitelten Tour wurde zumindest angekündigt, dass sich Songs aus insgesamt elf Studio-Alben zwischen 1984 und 2022, respektive «Dreamtime» und «Under The Midnight Sun» anbieten. So wie es aussieht, wurden nun nur «Born Into This» (2007) und «Hidden City» (2016) ausgelassen. Das kümmerte aber kaum jemand, denn das begeisterte Publikum dürstete natürlich lautstark nach weiteren Hits, die in Form von «Sweet Soul Sister», «Rain» oder «Love Removal Machine» nicht auf sich warten liessen. Mich persönlich faszinierte vor allem der Umstand, dass Ian, der mit seinem tief im Gesicht sitzenden Kopftuch wie Mike Muir von Suicidal Tendencies aussah, stimmlich wirklich noch so klang wie vor 25, ja 30 oder gar 40 Jahren, einfach unglaublich! Befeuert vom bestechend guten Sound des eigenen Mischers gab es am Schluss des mit nur 75 Minuten leider viel zu kurzen Auftritts des Headliners nur zwei Dinge zu bemängeln. Erstens die Auflage "front of house" für die Fotographen und zweitens, dass der Song «The Phoenix» in Pratteln, warum auch immer, ausgelassen wurde.
Setliste: «Intro» - «In The Clouds» - «Rise» - «Wild Flower» - «Star» - «Mirror» - «The Witch» - «Resurrection Joe» - «Edie (Ciao Baby, akustisch mit Ian & Billy)» - «Sweet Soul Sister» - «Lucifer» - «Fire Woman» - «Rain» - «Spiritwalker» - «Love Removal Machine» -- «Brother Wolf, Sister Moon» - «She Sells Sanctuary»