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02. Juni 2023, Zürich - Hallenstadion
By Rockslave - Pics by Tinu
Noch kurz vor dem "Sweden Rock Festival" machten die Scorpions auf ihrer "Rock Believer Tour" zum aktuellen, gleichnamigen Album auch Halt im Zürcher Hallenstadion. Das letzte Mal sah ich Klaus Meine & Co. an der Stelle Ende November 2015, zusammen mit Whitesnake als Headliner-Doppelpack. Damals feierte die deutsche Rock-Ikone das 50-jährige Band-Jubiläum, und da war der Begriff "Farewell-Tour" von 2012 schon längst wieder Makulatur, respektive entwickelte sich seither, wie bei KISS, zum "Running Gag". Nun, grundsätzlich ist man ja nie zu alt zum Rocken, aber Klaus Meine wurde ja erst kürzlich auch schon 75 Jahre alt, und logo rennt man dann da nicht mehr so auf der Bühne herum wie noch vor vierzig Jahren. Das Kapital ist jedoch seine unverkennbare Gesangs-Stimme, und vor allem diese stand und steht jeweils im Fokus. Krokus-Röhre Marc Storace, der heute Abend den Support als Solo-Künstler mit seiner Band bestritt, ist auch schon über siebzig und immer noch fit.
Storace
Das letzte Gastspiel im Hallenstadion als Anheizer für KISS im vergangenen Juli hatte mir persönlich überhaupt nicht gemundet. Hauptgrund dafür war und ist das für meine Begriffe, respektive meinen persönlichen Geschmack zu lasche Songmaterial. «Live And Let Live», das erste Album unter dem Banner "Storace", erschien 2021 und glänzt auch heute noch durch Abwesenheit in meinem Regal. Diese subjektive Haltung kann und darf man natürlich nicht als Referenz nehmen, und so legte ich mir das heutige Konzert journalistisch so zurecht, indem ich primär erneut mal schaute, wie das Publikum darauf ansprach. Die Resonanz bei KISS war in diesem Zusammenhang ja ziemlich mau unter dem Strich, doch dieses Gefühl kennt mehr oder weniger jede Band, die mal im Vorprogramm der "hottest" band im the world" stand. Storace wählten auch heute Abend als Opener den Titeltrack des Albums, gefolgt von zwei weiteren, gleichen Songs wie letztes Jahr, darunter «Hellraiser» als erster Krokus Cover-Song, so zu sagen. Und schon jetzt war offensichtlich, dass die heutigen Besucher empfänglicher für den gebotenen Sound waren, aber spätestens nach den Krokus-Oldies «To The Top» und «Rock'n'Roll Tonight», wovon Ersterer von der Haupt-Band schon lange nicht mehr gespielt wird, war der Bär los, sprich am Tanzen. So erzielte auch das Restprogramm, das wiederum identisch war zum Vorjahr, mehr als ansprechenden Applaus. Heisst somit alles richtig gemacht, denn was den Besuchern zumindest diesmal ordentlich gefiel, erfüllte den Zweck.
Setliste: «Live And Let Live» - «High On love» - «Hellraiser (Krokus Cover)» - «To The Top (Krokus Cover, inklusive Guitar-Solo)» - «Rock'n'Roll Tonight (Krokus Cover)» - «Carry The Burden» - «Hoodoo Woman (Krokus Cover)» - «Love Over Money»
Scorpions
Nach dem Album «Return To Forever» von 2015, das eigentlich in Zusammenhang mit dem Jubiläum (50 Jahre Scorpions) als das letzte Studio-Album galt, konnte man sieben Jahre später kaum mit einem weiteren Studio-Werk rechnen, und schon gar nicht mit der Qualität, wie «Rock Believer» daher kommt. Mikkey Dees Einstieg vor, man glaubt es kaum..., eben diesen sieben Jahren (!) brachte ohne Zweifel nochmals einen gehörigen Energie-Schub in die Band hinein. Dies ermöglichte weiter auf dem Level zu touren, wie man dies seit je her gewohnt war. Dreh- und Angelpunkt ist natürlich Frontmann Klaus Meine, sprich gefordert ist sein Gesang. Was in der jüngeren Vergangenheit dann und wann mal halt nicht ganz so auf der Höhe war, veranlasste die Kritiker anschliessend sofort zur Aussage, dass nun die Zeit des Rückzuges reif sei. Damit lagen sie aber komplett falsch, denn einerseits ist die Band immer noch heiss, und andererseits wusste der Frontmann auch, was zu tun ist, nämlich sich entsprechend gut zu erholen. Unter dieser Prämisse waren rund 8'000 Fans, Tinu im Fotopit und meine Wenigkeit auf einem der Presse-Plätze, gespannt, was denn nun kommen möge.
Als Opener hätte man wohl kaum einen treffenderen Song als «Gas In The Tank» auswählen können! Begleitet von einer durchs Band hindurch oberfetten Light-Show, inklusive opulenten wie passenden Einspielungen auf der grossen Video-Leinwand im Backdrop-Bereich, wurde der Stachel des Scorpions voll ausgefahren. Mit der anschliessenden Alt-Hits-Triplette «Make It Real», «The Zoo» und «Coast To Coast» wurden keine Gefangenen gemacht, und die älteren Semester unter den von Anfang an begeisterten Zuschauern wurden damit gleich in die glorreichen 80er zurück katapultiert, du meine Fresse, war das geil! Dabei reihten sich insgesamt vier neue Songs ganz gut zum Rest ein, und dieser bestand eigentlich nur noch aus einem Schaulaufen der Extraklasse. Selbst der rein instrumentale Track «Delicate Dance», wo Matthias Jabs zusammen mit Guitar-Tech Ingo Powitzer, respektive ohne Rudi Schenker spielte, kam gut an. Bewegend dann die beiden hintereinander gespielten Jahrtausend-Balladen «Send Me An Angel» und «Wind Of Change». Mit letzterem Klassiker wurde in einer eigenen Version der Ukraine gedacht, was natürlich bestens zur Aktualität passte.
Hinten raus nahm die ganze Band nochmals Anlauf und zog erneut voll vom Leder. Vor allem auch die gesangliche Leistung von Klaus Meine war nach etwas leicht harzigem Beginn ohne Fehl und Tadel. Gleich wie bei Iron Maiden, ging man bei ein paar Songs ebenso etwas vom Gaspedal herunter, was aber der Performance insgesamt keinerlei Abbruch tat, im Gegenteil. Selbst das Drum-Solo von Mikkey Dee wurde lauter abgefeiert, als noch zu seligen Motörhead Zeiten. Dass dieser dabei nicht mehr im "Overkill-Modus" spielt, störte niemand. Auf jeden Fall harmonierte die inzwischen eingespielte Formation auf ganzer Linie. Mit den beiden Zugaben «Still Loving You» und dem perfekten Absacker «Rock You Like A Hurricane» beendete die deutsche Rock-Institution einen überaus bemerkenswerten Konzert-Abend, den wohl nicht alle so stark erwartet hätten. Somit wird das Schiff, solange die Gesundheit von Master Meine nicht signifikant nachlässt, wohl noch ein Weilchen weiter segeln. Musikalisch gesehen gibt es keinen Grund, hier den Anker vorzeitig einzuholen, und wer weiss, vielleicht reicht der Atem ja bis hin zu 2025, denn dann wäre das sechste Jahrzehnt fällig!
Setliste: «Gas In The Tank» - «Make It Real» - «The Zoo» - «Coast To Coast» - «Seventh Sun» - «Peacemaker» - «Bad Boys Running Wild» - «Delicate Dance» - «Send Me An Angel» - «Wind Of Change (Alternative Version für die Ukraine)» - «Tease Me Please Me» - «Rock Believer» - «New Vision (Bass & Drums Cover» - «Blackout» - «Big City Nights» -- «Still Loving You» - «Rock You Like A Hurricane»