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25. August 2023 – Aarburg (AG)
By Rockslave (rsl) und Tinu (tin) – All Pics by Tinu
Die Schweiz weist bekanntlich eine der höchsten Festival-Dichten der Welt auf, und seit dem «Rock The Ring» im zürcherischen Hinwil 2022 das Geld nach sieben Events, mitunter wegen der Pandemie, ausgegangen ist, hat das "Riverside Festival" in Aarburg als "Anlass für alle", trotz Rock- und Metal-lastigem Billing, an Bedeutung zugenommen. Das seit Jahren kongeniale Miteinander mit dem "Route 66" gilt zumindest bis jetzt als zusätzliche Sicherheit, und vor allem dann, wenn sich das Wetter von seiner schöneren Seite zeigt.
Das war heuer zwar nicht ganz so wie es hätte sein müssen, aber immerhin war die lokale Regenbilanz an diesem Weekend zum Glück bei Weitem nicht so schlecht wie an anderen Orten. In diesem Jahr wurde bandmässig ein ordentliches Geschütz aufgefahren. Allem voran natürlich Manowar, die sich nicht so oft in der Schweiz blicken lassen. Dann Megadeth, die sich gerade auf einem neuerlichen Höhenflug befinden und von einem etwas eher angestaubten Act wie Limb Bizkit oder den vermeintlichen Hipstern Royal Republic begleitet wurden. Und wenn schon Schweden, dann gehören HammerFall natürlich auch dazu. Auf Schweizer Seite standen mit Krokus und Shakra zwei immer noch tragende Säulen des helvetischen Rocks auf der Bühne. Die diesjährige Berichterstattung beschränkt sich allerdings nur auf den ersten Tag, da wir am Samstag und Sonntag nicht zugegen waren (rsl).
Freitag, 25.08.2023 (Erster Tag)
Trapped Bull
Wie noch oft an Festivals dieser Grössen-Ordnung werden als Opener neue, aufstrebende Bands verpflichtet, die sich so teils erstmals einem grösseren Publikum vorstellen können. Dem voraus gehen meistens "public votings", wo jeweils ein bunter Strauss an Gruppen auf Stimmenfang geht. In diesem Jahr stachen Trapped Bull aus dem Kanton Uri als Sieger heraus und durften somit die Riverside-Bühne pünktlich um 17:00 Uhr betreten. Meine Wenigkeit gelangte zwar erst ein paar Minuten danach auf das Gelände, aber ich sah dennoch genug vom gefangenen Bullen, um mir ein Bild davon machen zu können. Optisch erinnerten mich Luca Zberg (Lead-Gitarre/Gesang), Marco Furrer (Rhythmus-Gitarre/Gesang), Tobias Zgraggen (Bass) und Andre Jaun (Drums) etwas an Basement Saints. Letzterer allerdings weniger.
Musikalisch verortet sich die Truppe zwischen Rock und Metal mit fliessenden Übergängen. Die selbstbetitelte Debüt-CD kam bereits Ende Herbst 2021 heraus und wurde eigentlich durchgespielt. Dazu gab es noch eine volkstümliche Einlage beim «Ürnerbattelion», und das Cliff Burton Gedenk-Bass-Solo von Tobias, das an den Album-Opener «Magdalena» angelehnt ist, war noch mutig an der Stelle. Unter dem Strich fand sich mehr Rockiges als Metallenes, obwohl «Son Of Jesus» als längster Track abwechslungsreich gehalten wurde, inklusive Black Sabbath-artiger Bridge, bis das Tempo hinten raus kontinuierlich angezogen wurde. Trapped Bull vermochten das Publikum auf jeden Fall zu unterhalten und kriegten einen ordentlichen wie verdienten Schluss-Applaus. (rsl)
Setliste: «Play The Game» - «Bullet In His Head» - «Monsters Of The Night» - «Ürnerbattelion» - «Hey Man» - «Statue Of A Man» - «Son Of Jesus» - «Patience»
Dropkick Murphys
Das Wichtigste an einem Festival ist das ausgelassen feiernde und letztlich konsumierende Publikum. Dazu braucht es mitunter ein paar Bierchen, und je mehr davon, desto besser, respektive die mitunter verkauften 2-Liter Becher halfen da kräftig mit. Damit das Ganze dann aber auch richtig abgeht, braucht es die entsprechende Mucke dazu, und was würde sich da besser eignen, als irische Rock-Musik, wo man sich mit kräftigem Mitsingen die Stimmbänder heiser schreit?! Eben, und eine dieser Combos, die das schon seit über einem Vierteljahrhundert zelebriert, sind die Dropkick Murphys als irisch-amerikanische Freundschaft.
Kaum auf der Bühne, die von einigen Musikern bevölkert wurde, um zusätzliche Instrumente wie den Dudelsack, Banjo oder Akkordeon beisteuern zu können, ging es ab wie Feuerwehr! Im Zentrum stand natürlich Irish Folk Music, aber zwischendurch wurde es mit punkrockigen bis leicht hardcore-punkigen Vibes auch eine Spur härter und wilder. Doch genau das war das Richtige vor Ort, und die zahlreich aufmarschierten Fans quittierten dies entsprechend lautstark. Das Ganze entwickelte sich rasch zum Selbstläufer mit stets hochgehaltenem Stimmungspegel. Für meine musikalischen Geschmacksnerven wurde es dann aber nach einer Weile etwas harzig, sprich langweilig, weil es letztlich, ausser der grossartigen Verbindung zwischen Band und Publikum, kaum Nuancen gab. Eine Ausnahme bildete gegen den Schluss hin die Hymne «Rose Tattoo», wo nochmals die letzten Mitsing-Reserven mobilisiert wurden. Besser kann man sowas kaum bringen. (rsl)
Krokus
Zu einem fast Lokalmatador-mässigen Auftritt kam es für Krokus. Die Jungs starteten mit dem Intro «White Din» ins Geschehen, liessen den metallenen Totenkopf im Hintergrund aufleuchten und bretterten mit einem furiosen «Headhunter» direkt in den Set hinein. Die Gitarren-Achse mit Mark Kohler, Fernando von Arb und Mandy Meyer spielte um einiges homogener, als noch kürzlich im Hallenstadion. Speziell Fernando und Mark hatten sichtlich Freude an diesem Auftritt und liessen die Riffs im Sekundentakt auf die Aarburger Fangemeinde niederprasseln. Derweil spielte Mandy einmal mehr seine Licht-Solos, als kämen sie von einem anderen Planeten. Die Rhythmus-Maschine mit Chris von Rohr und Flavio Mezzodi pumpte derweil den Groove in rauen Mengen in den sich dunkel verfärbenden Abendhimmel und liess Frontmann Marc Storace genug Platz für seine nach wie vor gnadenlos grandiosen Screams. Allein was der Malteser bei «Headhunter» in die Audience schrie, suchte seinesgleichen. Trotzdem hatte Mister Storace mit zwei kleinen Texthängern den Grinser auf seiner Seite, die er aber gekonnt ausmerzte. Dank den Pyros, den CO2-Effekten und den Video-Einspielungen sorgten die Jungs, zusammen mit ihren Hits, für eine ausgelassene Party-Stimmung, die immer wieder durch kurze Ansagen von Mister von Rohr ergänzt wurden.
"Heit dir üs vermisst? Mir öich ou" oder am Schluss, als der Bassist das weitere Bestehen seiner Truppe mit den folgenden Worten ankündigte: "Es isch no lang nid verbii! Nöchsts Johr fiire mir 50 Johr Krokus. Sit dir derbi?" Auf die fünf Jahrzehnte darf man sich freuen, denn mit diesen Gig machten die Jungs beste Werbung in eigener Sache, auch wenn man vielleicht noch etwas an der Setliste feilen und dabei den einen oder anderen Klassiker von «One Vice At A Time, respektive «Headhunter» einbinden könnte. Dafür, und das erkannte Chris richtig, wurde zum ersten Mal in der Schweiz «Let It Go» vom «Heart Attack» Album (1988) gespielt. Mehr Def Leppard zu ihren besten Zeiten geht definitiv nicht. Aarburg feierte Krokus ab, und speziell die eher jüngeren Songs («Hoodoo Woman», «Dirty Dynamite») sorgten für gute Stimmung, während bei den alten Krachern logischerweise «Easy Rocker», «Heatstrokes» und «Long Stick Goes Boom» für Furore sorgten. «Winning Man» mit seinen gefühlvollen und langsamen Start konnte ebenso punkten, auch als der Track in gewohnter Manier das Tempo anzog. Krokus legten vor, und viele waren sicherlich der Meinung, dass Megadeth diesem Auftritt nichts mehr entgegen zu setzen vermögen. (tin)
Setliste: «Intro White Din» - «Headhunter» - «Long Stick Goes Boom» - «American Woman» - «Hellraiser» - «Winning Man» - «Tokyo Nights» - «Let It Go» - «Hoodoo Woman» - «Fire» - «Rockin' In The Free World (Cover Neil Young)» - «Easy Rocker» - «Heatstrokes (inklusive Drum-Solo Flavio Mezzodi)» - «Screaming In The Night» - «Dirty Dynamite» -- «Bedside Radio»
Megadeth
Weit gefehlt, denn was Megadeth an diesem Abend boten, übertraf so ziemlich alles, was ich in der letzten Zeit sah. Mit einer unglaublich geilen Setliste zertrümmerte Dave Mustaine (Gesang, Gitarre) alles, was sich ihm in den Weg stellte. Wenn man mitbekam, wie sich der 62-jährige Musiker wie ein kleines Kind über die Reaktionen des Publikums freute und sein Grinsen bis über beide Ohren nicht verbergen konnte..., ja da wusste man, dass der Wundergitarrist mit sich und seiner Band im Reinen war. Er hat aktuell auch eine unglaublich tight aufspielende Truppe zusammen. Mit dem zurück gekehrten James Lomenzo (ehemals White Lion), Dirk Verbeuren (Drums) und dem wohl besten Gegenstück von Dave, Kiko Loureiro (Gitarre), liess die Band nichts anbrennen, sondern hinterliess nur verbrannte Erde. Bereits mit den Video-Einspielungen zu «Prince Of Darkness» und dem folgenden «Hangar 18» zeigte sich Aarburg von seiner wildesten Seite. Wie von der Tarantel gestochen wirbelte Kiko über die ganze Bühnenbreite und wechselte sich bei den Solos mit Mister Mustaine ab. Die beiden spielten sich die Riffs blindlings zu und verschmolzen zu einer unglaublichen Einheit. Das war ganz grosses Kino, und nicht nur auf den Video-Screens, sondern auch was die Herren boten.
Noch besser als beim eh schon grossartigen Auftritt am "Wacken Open Air" spielte sich die Band in einen wahren Rausch, bei dem das donnernde Bass-Spiel von James und die in der Magengrube Unheil anzettelnden Doublebass-Drums von Dirk ihre Wirkung nicht verfehlten. Nahtlos gingen «Wake Up Dead» und «In My Darkest Hour» ineinander über und belegten, dass Megadeth nicht nur die harten, sondern auch die sanfteren Klänge beherrschten. Mit «Sweating Bullets» und «Dread And The Fugitive Mind» kamen die Midtempo-Fans auf ihre Kosten, und mit «We'll Back» vom neusten Streich untermauerten Dave und seine Jungs, dass sie im Gegensatz zur Vorband vom Bandleader noch immer imstande sind messerscharfe Riffs zu präsentieren und mit Geschwindigkeit zu überzeugen. Die Backing-Gesänge kamen von der "Mustaine'schen Mannschaft" und verhalfen den Tracks einmal mehr dazu, kleine Hymnen abzugeben. Auf Daves Gesicht wurden Schweissperlen sichtbar, und seine Hingabe zur Musik sowie zu diesem Gig schien kein Halten zu kennen. "Thank you so much, are you feeling good?" Was für eine Frage, die Reihen klebten an seinen Lippen und sangen Strophe für Strophe sowie Refrain für Refrain mit.
Dave applaudierte immer wieder dem Publikum, lief von der rechten Bühnenseite zur linken und liess es sich nicht nehmen, sich an diesem Abend verdientermassen abfeiern zu lassen. Sein Dank galt auch den Fans, die dafür besorgt waren, dass Megadeth der Einstieg in die Schweizer Charts ermöglicht wurde und verneigte sich dabei vor den Fans. Es war einer dieser Gigs, von dem man noch seinen Enkeln erzählen wird. Mit dem gewohnten Abschluss in Form vom gefeierten «Tornado Of Souls», dem fantastischen «Symphony Of Destruction» (einmal mehr mit lauten Fanchören), dem grössten Hit «Peace Sells» und dem obligaten Raus-Schmeisser «Holy Wars» konnte es am Schluss nur heissen: "sie kamen, sahen und siegten auf der ganzen Linie!" Das wusste auch Dave, der sich noch minutenlang nach dem letzten, gespielten Ton von den Fans feiern liess, dabei wie ein kleines Kind, das sich auf Weihnachten freute, auf der Bühne herum tanzte und sich immer wieder dankbar ans Herz fasste. Der Dank gilt dir Dave und deiner grandios aufspielenden Band! Auf hoffentlich sehr bald wieder! (tin)
Setliste: «Intro - Prince Of Darkness» - «Hangar 18» - «Wake Up Dead» - «In My Darkest Hour» - «Sweating Bullets» - «Dread And The Fugitive Mind» - «Angry Again» - «We'll Be Back» - «Dystopia» - «Trust» - «A Tout Le Monde» - «Tornado Of Souls» - «Symphony Of Destruction» - «Peace Sells» -- «Holy War… The Punishment Due» - «Outro - Silent Scorn» - «Outro - My Way (Claude Francois – Sid Vicious Version)» - «Outro - Shadow Of Deth»