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13. Februar 2025, Zürich – Hallenstadion
Text & Pics by Oliver H.
Man muss Feste bekanntlich feiern, wie sie fallen oder Liveberichte schreiben, solange die Erinnerungen noch frisch sind. Pantera - lange habe ich auf diesen Moment gewartet. 30 Jahre, um genau zu sein! 30 Jahre sind seit dem letzten Konzert, damals noch mit den legendären Abbot Brüdern Vinnie Paul (Drums) und Dimebag Darrel (Gitarre), vergangen. Seit ihrer Reunion stieg die Hoffnung täglich, den Vierer in Neubesetzung, Phil Anselmo (Vocals), Rex Brown (Bass), Zakk Wylde (Gitarre) und Charlie Benante (Drums), doch noch einmal live erleben zu dürfen. Als verfrühtes Valentintagsgeschenk war es dann am 13. Februar soweit, als Pantera das Hallenstadion in Zürich beehrten. Als Anheizer hatte die Kultband die Grindcoretruppe King Parrot und die auferstandenen Power Trip im Gepäck.
King Parrot
Das Erste, was einem beim Betreten des Veranstaltungsortes auffiel, war, dass auf den Bildschirmen auf beiden Seiten der Bühne Musikvideos von Bands gezeigt wurden, die bei Housecore Records, dem Plattenlabel von Phil Anselmo, unter Vertrag stehen. Eine grossartige Idee, um das Label zu promoten und das Publikum mit neuen Bands bekannt zu machen. Eine von ihnen war King Parrot, die als erste Band an diesem Abend vor dem Publikum auftrat, das schon früh eingetroffen war.
Die fünfköpfige Band aus Melbourne, Australien, lieferte einen intensiven 30-minütigen Auftritt, bei dem sie ihren Sound aus einer Mischung verschiedener Subgenres wie Grindcore, Sludge, Hardcore und Punk vorstellten. Sänger Matthew Young war auf der Bühne sehr energisch und stürzte von der einen Seite zur anderen, während der Bassist mehr auf seinen Adoniskörper vertraute und schelmisch das Publikum anfeuerte. Der Gitarrist feuerte seine Salven nackten Fusses ins Publikum, und der Sänger schrie sich die Seele aus dem Leib. Melodisches war bei diesem Auftritt Fehlanzeige und es machte schier den Anschein, dass niemand wirklich böse war, als sich die Kombo lautstark verabschiedete.
Setliste: «Get What Ya Given» «Butcher» «Disgrace Yourself» «Dead End» «Bozo» «Target Pig Elite» «Gutter» «Ten Pounds» «Hell Comes Your Way» «Shit On The Liver» «Horse»
Power Trip
Die Menge vor der Bühne war doch erheblich angewachsen, als Power Trip die Bühne betraten. Die texanische Crossover Thrash Metal-Kombo erregte 2017 die Aufmerksamkeit von Kritikern und Fans, als sie mit ihrem grandiosen Zweitling «Nightmare Logic» auf der Bildfläche auftauchten. Die Platte schaffte es vielerorts in die Bestenlisten des Jahres 2017. Power Trip mussten allerdings erst harte Zeiten durchleben, als ihr Sänger Riley Gale im Jahr 2020 an einer Überdosis Fentanyl verstarb, so dass sie erstmal bis 2023 inaktiv blieben. Zur Freude der Fans kehrten sie schliesslich mit Seth Gilmore am Gesang zurück. Auf diesen war ich mitunter sehr gespannt, da Gale schon ein ausgezeichneter Sänger war. Gilmore machte seine Sache wirklich gut und erfreute das Publikum mit einer starken Bühnenpräsenz. Der Frontmann im Obituary-Longsleeve begeisterte mit seiner Truppe von Beginn weg, und die Zuschauer frassen Power Trip, die mit «Soul Sacrifice» eröffneten, förmlich aus der Hand.
Mit ihrem Klassiker «Executioner's Tax (Swing Of The Axe)» wurde die Stimmung nochmals besser und dies war auch Kampfkobold und Bassist Chris Whetzel deutlich anzusehen. Er grinste und zog Grimassen, die wiederum die Menge anstachelte. Die Band klang frisch, tight und es war fast unmöglich, den Kopf stillzuhalten. In der ersten Reihe hingen die Leute über dem Gitter, und bangten, was das Zeug hält. Etwas dahinter bildeten sich schlagartig mehrere Moshpits, die von der Bühne noch befeuert wurden. Dem Fünfer gelang es problemlos, auch diejenigen Personen zu fesseln, die sie bis dato nicht kannten, aber ihre Anhängerschaft war ebenfalls zahlreich vertreten. Ihr 40-minütiges Set endete mit dem Titel «Manifest Decimation» und sobald die Band hinter der Kulisse verschwunden war, verdeckte ein riesiger Vorhang mit dem klassischen roten Pantera-Logo die grosse Bühne.
Setliste: «Soul Sacrifice» «Executioner’s Tax (Swing Of The Axe)» «Firing Squad» «Hornet’s Nest» «Nightmare Logic» «Drown/Crucifixation» «Waiting Around To Die» «Manifest Decimation»
Pantera
Nach einer halben Stunde ging das Licht aus, auf den Bildschirmen wurde ein wilder Zusammenschnitt von Videos aus den 90er Jahren gezeigt, die während Tourneen, der goldenen Band-Ära gefilmt wurden. Danach folgten die Worte „A Vulgar Legacy“ und es erschienen die weissen Silhouetten der verstorbenen Abbott-Brüder Dimebag Darrell (Gitarre) und Vinnie Paul (Schlagzeug) auf den Bildschirmen. Der Vorhang fiel und die Show startete mit «A New Level». Die Menge jubelte und die Band kam, Phil Anselmo wie immer barfuss, in Fahrt. Das «Cowboys From Hell»-Logo als auch die Schlange von «The Great Southern Trendkill» waren Bühnenrequisiten, während Portraits von Dimebag und Vinnie, Charlie Benantes Bassdrums zierten. Anselmo war ein guter Werbeträger, der sich ein Shirt von King Parrot übergezogen hatte, die wie oben erwähnt, bei seinem Label unter Vertrag stehen.
Mit «Mouth For War», ein Klassiker vom «Vulgar Display Of Power»-Album, kam der nächste Hammer, der bestätigte, dass dies ein toller Abend werden würde. Später wurde auf der blauen Leinwand ein Schädel durchbohrt, was bedeutete, dass nun einige Songs von «Far Beyond Driven» an der Reihe sind. «Stength Beyond Strength», «Becoming» und «I'm Broken» waren die Kracher, und Anselmo interagierte mit dem Publikum, indem er fragte, wer Pantera schon einmal gesehen hatte und wer sie zum ersten Mal sah. Das Publikum bestand aus allen Altersgruppen, von Kindern bzw. Teenagern bis zu Erwachsenen in den Fünfzigern. Nach dem hammerharten «Suicide Note Pt. 2» war es Zeit für den rührendsten Moment des Abends. Während «Floods» die Hintergrundmusik markierte, wurden auf den Bildschirmen Videos von Dime und Vinnie gezeigt.
Es war schwer, während diesem Beitrag nicht in totale Melancholie zu verfallen. Viele Erinnerungen aus der Vergangenheit wurden wachgerüttelt, besonders bei denjenigen, die mit Pantera aufgewachsen sind. Spätestens hier wurde jedem klar, dass Wylde seine Rolle in der Band kennt, und Respekt für die Band und seinen verstorbenen Freund zeigt. Dasselbe gilt übrigens für Benante, der seinen eigenen Stil hat und dennoch Vinnies Art zu spielen respektiert. Allen Zweiflern und Miesepetern zum Trotz – Pantera bestehen logischerweise nur noch zur Hälfte aus denselben Personen wie ’92, klingen nicht mehr wie ’92 und sind auch nicht mehr so agil wie ‘92 – dennoch sind ihre Songs zeitlose Klassiker, die auch in etwas anderer Form gefeiert werden müssen. Die Publikumsresonanz schoss noch einmal in die Höhe, als «5 Minutes Alone» und die stampfende Hymne «Walk» erklangen. Kultstatus genoss natürlich auch «Cowboys From Hell», der Song, der der Band ihren Übernamen verleiht und der die Erfolgsjahre von Pantera einläutete.
Anselmo stach besonders bei den garstigen Gesangseinlagen hervor, schob physisch aber eher eine ruhige Kugel. Nach der regulären Spielzeit verliess der Vierer kurz die Bühne und kehrte für zwei Zugaben zurück, die es in sich hatten. «Fucking Hostile» und «Yesterday Don’t Mean Shit» bildeten den fulminanten Abschluss eines unvergesslichen Abends, an dem alte und neue Fans zufrieden nach Hause gingen. Sie feierten gemeinsam das Vermächtnis, einer der wichtigsten Bands in der Geschichte des Metals.
R.I.P. Dimebag und Vinnie!
Müsste man bei Pantera 2.0 das Haar in der Suppe suchen, würde man es in den ruhigeren Passagen von «This Love» und «Hollow» finden, die stimmlich sehr schwach rüberkamen. Zudem wäre es, aller Nostalgie zum Trotz, vielleicht zeitgemäss, die hanfsche Glorifizierung zu überdenken, denn sie könnte durchaus mit ein Grund sein, dass Phil Anselmo und Rex Brown leicht lethargisch wirken.
Setliste: «Regular People (Conceit)» «In Heaven (Lady In The Radiator)» «A New Level» «Mouth For War» «Strength Beyond Strength» «Becoming» «I’m Broken» «Suicide Note Pt. I» «Suicide Note Pt.II» «5 Minutes Alone» «ThisLove» «Floods» «Domination/Hollow» «Walk» «Cowboys From Hell» Zugabe: «Fucking Hostile» «Yesterday Don’t Mean Shit»