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10. Juli 2024, Pratteln - Z7
By Tinu
Wie doch die Zeit vergeht! KK Downing, der 72-jährige Gitarrist, gehörte neben Ian Hill und Rob Halford zu den Gründern von Judas Priest. Über vier Jahrzehnte lang war Mister Downing, neben Rob und Glenn Tipton, die treibende Kraft bei den britischen Metal-Göttern. Als er 2011 überraschenderweise seinen Austritt von seiner Stammband bekannt gab, wurde es eine ganze Weile still um den blonden Gitarrero. Bis er acht Jahre später, zusammen mit dem damaligen Megadeth Bassisten Dave Ellefson, dem kurzzeitigen Judas Priest und Iced Earth Sänger Tim "Ripper" Owens, Gitarrist A.J. Mills und dem ehemaligen Judas Priest Trommler Les Binks unter dem Namen Megapriest wieder an die Öffentlichkeit trat.
Aus dieser Truppe entstanden die heutigen KK's Priest, die aktuell in der Formation Downing, Ripper, Mills, Bassist Tony Newton und Schlagzeuger Sean Elg auftreten. Mit zwei Studio-Alben im Gepäck («Sermons Of The Sinner», «The Sinner Rides Again») war es nun endlich an der Zeit, dass die Jungs sich einem breiteren Publikum präsentierten. Im Angebot als Anheizer waren noch Dieth mit dabei, die neue Band von Dave Ellefson.
Dieth
Death Metal mit elektronischen Elementen und thrashigen Parts suchte die Aufmerksamkeit unter den Fans im Z7. Mit dem ehemaligen Entombed A.D. Mucker Guilherme Miranda als singender Gitarrist, fand Dave einen Shouter, der sich seiner gefährlich grunzenden und schreienden Stimme bewusst ist. Irgendwo zwischen modernem Metal und schwedischem Todesblei kurven die Jungs unter dem Banner von Dieth herum. Dank der immer aufs Publikum ausgerichteten Anmache konnten die Herren die Meute bis zum Schluss mehr oder weniger auf ihre Seite ziehen. Die "Ballade" «Walk With Me Forever» wurde schliesslich dem ehemaligen Entombed A.D. Shouter L-G Petrov gewidmet, der 2021 verstarb. Mit Mister Ellefson als Sänger wurde der Nummer ein emotional wärmerer Touch verliehen. Die Truppe spielte sich agil durch den Set hindurch und konnte am Schluss mehr als nur einen Achtungserfolg für sich verbuchen, auch wenn die Anwesenden an diesem Abend eigentlich nur auf eine Band warteten.
KK’s Priest
Diese kam dann in Form von KK's Priest. Logisch waren alle Augen auf KK gerichtet, der seiner Truppe aber ganz viel Bewegungs-Freiheit liess, die speziell Tony für sich in Anspruch nahm. Der Bassist war immer wieder an vorderster Front zu sehen. Er suchte den direkten Kontakt zum Publikum und schien, wie der Rest der Band auch, den Auftritt sichtlich zu geniessen. Als kongenialer Part zu Mister Downing erwies sich A.J., der mit seinem Gitarren-Spiel und den langen, blonden Haaren als kleiner, musikalischer Bruder von KK auf der Stage stand. Was die beiden aus ihren Instrumenten zauberten, war eine Mischung aus gottgleichen Klängen und messerscharfen Duellen. KK schien dabei nichts dem Zufall zu überlassen, denn die Show hatte mit der vom Cover her bekannten Mönchsfigur den Geschichtenerzähler, der nicht nur beim Intro seinen Auftritt hatte, sondern immer wieder zwischen den Songs kleine Storys preisgab. Der Mönch, oder Priester, war immer wieder auf dem Videoscreen zu sehen, welche die ganze Bühnenbreite hinter dem Drum für sich beanspruchte. Mit den kleineren Screens vor dem Drumpodest bekam das Ganze einen gewaltigen 3D Effekt.
Neben dem Mönch waren immer wieder Filme zu sehen, die den Tracks bildlich noch mehr Tiefe verliehen. KK inszenierte sich und seine Band, ohne die Egos ins Zentrum zu stellen. Logisch zog man Querverweise zu Judas Priest. Immerhin war KK über vier Jahrzehnte ein fester und wichtiger Bestandteil dieser Band. Dass die neuen, eigenen Tracks eine klare Schlagseite hin zu seiner ehemaligen Combo haben, ist klar. Dass das eigene, neue Material neben den Klassikern bestehen kann, wurde an diesem Abend im Z7 eindrücklich bewiesen. Dies auch dank der sehr souveränen Vorstellung von Tim Owens. Dass er mit seinen Screams Stahl durchtrennen kann wie ein Laserstrahl, weiss man nicht erst seit seiner Zeit bei Judas Priest. "What’s my name?" wollte der Ami wissen, bevor die Band in «The Ripper» einstieg und das "erste Judas Priest Cover" spielte. Wobei…, es waren die Tracks, an denen KK mitkomponiert hat und somit keine Covers im eigentlichen Sinne. Tim sang und schrie sich die Lunge aus dem Leib und hinterliess, zumindest für mich (und viele andere auch), einen mehr als nur denkwürdigen Eindruck.
Dass Drummer Sean nicht mit Scott Travis verglichen werden kann, da Mister Elg weniger mechanisch, dafür einiges organischer spielte, verlieh den Liedern das Feeling, welches Judas Priest in den Siebzigern und Achtzigern auszeichnete (ich kann mir aber keinen besseren Schlagzeuger bei Priest vorstellen als Scott). Mit viel Leder und Nieten stand der Fünfer auf der Bühne und zelebrierte den Metal, wie es für KK im Reinheits-Gebot steht. Die Truppe poste wie junge Götter, nicht nur auf der Rampe, auch welchem das Drum stand und wenn KK seine Flying V in die Höhe hielt, dann wussten alle, "er ist wieder da, wo er hingehört". Dieses musikalische Feuerwerk hat seine Daseinsberechtigung und wird noch viele Konzerthallen und Open Airs beglücken, da bin ich mir sicher. Allein wenn Ripper den Gesang bei «Night Crawler» dem Publikum überlassen kann und mit einem breiten Grinsen feststellt, dass das Z7 im Sturm erobert wurde, fühlt man eine wohlige Gänsehaut auf seinem Körper.
Grossartige Momente fanden sich nicht nur bei «Victim Of Changes», «Beyond The Realms Of Death» und dem fantastisch auftrumpfenden «Burn In Hell» aus der von den Priest-Fans eher verschmähten "Ripper"- Phase, sondern auch mit den KK?s Priest Grosstaten «One More Shot At The Glory», «Hellfire Thunderbolt» und «Raise Your Fists». Man sollte Judas Priest nicht mit KK’s Priest vergleichen, auch wenn beide Gruppen das gleiche Ziel verfolgen. Würde ich KK (lieber) wieder bei Priest sehen? Wenn ich seine Darbietung Revue passieren lasse, dann ja, weil er zu Judas Priest gehört. Aber auf der anderen Seite habe ich den Auftritt von KK’s Priest förmlich in mich aufgesogen, genossen und geliebt. Dies aus dem einfachen Grund, weil die Jungs sichtlich Spass haben, den Metal zelebrieren und den unverfälschten Stahl mit Blut, Schweiss und Tränen verkörpern, wie kaum eine andere Band. Es war eine grandiose Vorstellung, die ich mir sehr gerne und hoffentlich sehr bald wieder ansehen möchte. Darum beide Daumen hoch für KK und sein Metal-Kommando, das das Z7 an diesem Abend mit einem unglaublichen Set dem Erdboden gleich machte.
Setliste: «Incarnation - Intro» - «Hellfire Thunderbolt» - «Strike Of The Viper» - «One More Shot At The Glory» - «The Ripper (Judas Priest Cover)» - «Reap The Whirlwind» - «Night Crawler (Judas Priest Cover)» - «Sermons Of The Sinner» - «Burn In Hell (Judas Priest Cover)» - «Beyond The Realms Of Death (Judas Priest Cover)» - «Hell Patrol (Judas Priest Cover)» - «The Green Manalishi (With The Two Prong Crown) (Fleetwood Mac Cover)» - «Breaking The Law (Judas Priest Cover)» - «Victim Of Changes (Judas Priest Cover)» -- «Raise Your Fists» - «Return Of The Sentinel - Outro»