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18. Februar 2024, Zürich - Dynamo (Saal)
Text & Pics by Oliver H.
Früher waren die tropischen Gefilde Floridas der Ausgangs-Punkt für Death Metal "Made in USA", doch im Laufe der Jahre hat er sich erstens leicht modifiziert und zweitens mehr nach Westen verlagert. Mittlerweile liegt das Epizentrum im Lone Star-Bundesstaat Texas. Creeping Death und Frozen Soul sind beide Beispiele dafür, wie aufregend moderner amerikanischer Death Metal geworden ist. Sie haben diese Kunstform jeweils weiterentwickelt und sich mit brutaler Wildheit dafür engagiert.
Im Dynamo Zürich konnte man sich von der Qualität der Texaner überzeugen.
Unterstützt wurde das Doppel von den Finnen Foreseen. Sehr erbaulich war die Tatsache, dass diese Fackel-Träger des modernen Death Metals ein beeindruckend junges Publikum angezogen haben, heisst somit eines, das nicht schon im Rentenalter ist. Ein paar Dinosaurier waren natürlich auch zu Gast, die sich bestimmt an die Entstehung des Genres Mitte der 80er Jahre erinnern konnten. Das aber eher spärlich vertretene Publikum war an diesem Abend überwiegend jung, lebhaft und darauf bedacht, sich dieses vielseitige Subgenre zu eigen zu machen.
Foreseen
Eröffnet haben den Abend die Finnen von Foreseen. Die aus Helsinki stammende Truppe spielte einen lebendigen und bissigen Crossover Thrash. Die Mitglieder waren optisch ebenso Crossover, wie ihr Sound, aber gemeinsam waren sie eine Wucht! Sie brannten die Bühne in einem Sturm aus kathartischer und chaotischer Energie ab. Trotz der anfänglichen Zurückhaltung des Schweizer Publikums gab der Fünfer alles, und einige kultige Anhänger dankten es ihnen in völliger Ekstase. Crossover war schon immer die Schnittstelle zwischen Thrash und Punk. Die sengenden Riffs des Metals fügten sich in die kriegerische Haltung des Punks ein.
Mit rasiertem Schädel und stählernem Blick waren Mirko Nummelin und seine Truppe eine Naturgewalt, die die Bühne für eine halbe Stunden absolut beherrschten. Besonders der Bassist wirkte wie ein Schuljunge auf Speed! Er sprang, kickte und warf seinen Bass immer wieder in die Luft. Er legte eine solche Bühnen-Präsenz hin, dass es für die anderen Band-Mitglieder teilweise etwas eng wurde. Foreseen sind eine bemerkenswert aufregende Band die es schaffte, die langsam wachsende Menge in pure Euphorie zu versetzen, gleichwohl frisch und verlockend zu klingen, mit einem Sound, den wir längst alle schon mehrmals gehört haben. Ein gelungener Start in den Sonntag-Abend.
Creeping Death
Als Erstes der beiden texanischen Kraftpakete, die auf dem Programm standen, verschwendeten Creeping Death keine Zeit damit, die Aufmerksamkeit des aufgeregten Publikums zu fesseln und zu erobern, indem sie Groove-geladene, knüppelnde Riffs und bestrafende Drum-Beats veröffentlichten. Ihr Set stürzte sich direkt in den Titelsong ihres monumentalen neuesten Albums «Boundless Domain» hinein und zeigte, wie konsequent kolossal ihr Sound neuere Titel mit älteren donnernden Knallern der Marke «Bloodlust Contamination» und «Humanity Transcends» verbindet. Abgesehen davon, dass ihr Sound an diesem Abend tadellos straff klang und sich nicht von ihren Platten unterschied, war die Bühnenpräsenz der Band eher dürftig.
Der ganze Trupp "sei sick or totally damaged", wie es der Sänger Reese Alavi so schön ausdrückte. Einziges Spektakel, angefangen bei seinen Haaren, waren die mitreissenden Spin-Kicks des Lead-Gitarristen Trey Pemberton. Dieser zog alle Register und liess sich einen guten Auftritt nicht nehmen. Der Rest des texanischen Todes-Schwadrons hatte wahrlich keinen guten Tag erwischt, denn ihr mieser Zustand schlug sich leider auch auf die Spielzeit nieder. Statt der ansonsten schon knappen Dreiviertel-Stunde war nach gut einer halben Stunde das Pulver bereits verschossen, und die Band verliess die Bühne allzu früh. Trotzdem servierten Creeping Death während ihres Short-Sets beharrlich gefrässigen Death Metal und finsteres Brüllen, und dies von der ersten bis zur letzten Note.
Frozen Soul
Bedingt durch den frühen Ausfall ihrer Staats-Genossen, betraten die Headliner Frozen Soul die von blauem Licht beleuchtete Bühne etwas früher als angekündigt. Chad Green übergoss die Menge, die nun merklich zugenommen hatte, umgehend mit Kunstschnee, der auf die Töne des geriffelten Titanen «Invisible Tormentor» vom Haupt-Album «Glacial Domination» prallte. Während Blastbeats wie ein Hagelsturm in die Menge prasselten und Greens krächzende Growls erschallten, war es offensichtlich, dass diese Band auf der Mission ist, möglichst viele Circle-Pits und Stagedives zu provozieren.
Die Aufregung stieg, als «Morbid Effigy» den Raum mit mehr Wucht als einer Lawine erfüllte. Nach einer weiteren Ansage von Chad erfüllten erneut Schneeflocken die Luft, die durch die Bewegung von Headbangern in der Luft gehalten wurde, während die Menge zu Recht den Verstand verlor. Die letzten Tracks des Sets waren eine Neu-Interpretation ihres früheren Mammut-Albums «Crypt Of Ice» (2021), das den brutalen Ansturm des Sounds und den Hurrikan der Verwüstung fortsetzte, wobei sich der Graben immer mal wieder für Durchsagen des Sängers öffnete, der an den "Zusammenhalt der Szene" und "die Gesundheit eines jeden Einzelnen" appellierte.
Danach ging es kantig weiter, und die Amerikaner zogen nochmals alle Register. Frozen Soul rundeten ihren gewaltigen Auftritt mit der Zugabe «Witches Coven» von Mortician ab. Sie haben im Dynamo bewiesen, dass sie nicht nur Schnee und Eis beherrschen, sondern auch die Menschen. Dies mit einer ganz liebevollen Art, versteckt in den Ansagen des Sängers Chad Green. Während man die ansteckende Leidenschaft dieser Band in Form von Wärme spürt, fühlt es sich gleichzeitig so an, als hätte man einen Eispickel in den Schädel gerammt bekommen. Die Show demonstrierte die triumphale Kraft von Frozen Soul und erinnerte gleichzeitig daran, die Ernsthaftigkeit in dieser Szene etwas zurück zu schrauben und einfach nur Spass zu haben.