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22. April 2022, Luzern – Schüür
Lange, ja eigentlich zu lange hat es schliesslich gedauert, und nun ist es bereits geschehen! Meine Wenigkeit ist nach einer unfreiwillig eingeleiteten und zeitlich letztlich selbst verordneten "Corona-Pause" definitiv auch wieder zurück an der Live-Front! Mein Credo zum Thema mit der leidigen Pandemie war stets unmissverständlich, heisst möglichst nicht zu erkranken (was ich zum Glück und bisher nicht erleiden musste!), impfen (3x Moderna, ohne jegliche Nebenwirkungen!) und Konzert-Locations dezidiert nur ohne Maske sowie keinen jedwelchen Einschränkungen zu betreten! Letzteres wäre freilich schon etwas vorher erfüllt gewesen, aber das Ganze musste für mich auch mental stimmen, und so kams dann eben, wie es kam.
Dass es dabei zu einem Abend mit drei Schweizer Bands gereichte, fühlte sich gleich noch besser an. Der Start dieses "Abenteuers" war allerdings begleitet von Umständen, die mitunter dem langen und konsequenten Fernbleiben von Konzerten geschuldet waren. Das fing mal damit an, dass ich, da null Bock auf eine Parkbusse, das Auto für den Besuch der Schüür erstmals im Parking beim Bahnhof abstellte und zunächst den Ausgang suchen musste. Bei der Schüür angekommen, die renovationsbedingt äusserlich einer Baustelle gleicht, fanden sich um 19.00 Uhr noch keinerlei Konzertbesucher vor dem Eingang ein! Die angegebene Zeit von 19:30 Uhr sah ich bei drei Bands eigentlich als Spielbeginn an und war somit sichtlich irritiert.
Zusammen mit zwei weiteren inzwischen eingetroffenen Besuchern ging ich deshalb ums Gebäude herum, und das Trio suchte darauf "verzweifelt" den Eingang. Das führte uns dann zurück auf die Strasse hinauf, wo wir nach knapp hundert Metern glaubten, den vermeintlichen Eingang gefunden zu haben. Dem war natürlich nicht so, und deshalb gelangten wir über einen verwahrlost aussehenden Garten, vorbei an einem ebenso wirkenden Haus an die Hinterseite der Schüür, wo wir von einem verdutzt dreinblickenden Mitarbeiter gefragt wurden, wo wir denn her kämen?! Der langen Rede kurzer Sinn standen wir dann bis halb acht wieder genau dort, wo zuvor auch ich nicht realisierte, dass hier der richtige Eingang ist! Nach dieser kleinen Episode der Aufregung ging das Tor schliesslich pünktlich um eben halb acht auf und offenbarte am Kassa-Häuschen den genauen zeitlichen Ablauf des Konzert-Abends. Der sah vor, dass Broken Fate als Opener erst um 20:30 Uhr auf die Bühne steigen, gefolgt von Molotov Train um 21:15 Uhr und Felskinn als Headliner dann um 22:30 Uhr das Vergnügen haben. Soviel zur Theorie, und erstmal drinnen wie mit einem feinen Bier in der Hand ging es nicht lange, bis die ersten bekannten Gesichter auftauchten und sich herzerwärmende Szenen abspielten. Und ja, es fühlte sich gut, nein sogar sehr gut an, wieder in der gewohnten Umgebung unterwegs zu sein, und bald war die ganze COVID-Scheisse weit weg. Somit nahm der Abend (fast) seinen vorgesehenen Lauf.
Broken Fate
Gemäss der abfotografierten Running Order hätten die Zürcher Melodic Death Thrasher doch um..., hätten, denn plötzlich begann es rund eine Viertelstunde vorher schon zu poltern im Saal oben. Was ich anfänglich noch als Soundcheck interpretierte, stellte sich in der Folge als vorgezogener Beginn heraus. Das hiess somit das Bier zügig auszutrinken und sich flugs in Richtung Live-Sound zu bewegen. Dort waren Frontmann Tobias John Bänteli und seine Sidekicks Ilia Sivkov (Lead Guitar), Patrick Van Gunten (Bass) und Alessandro De Cicco (Drums) vor zu dem Zeitpunkt ziemlich karger Kulisse unablässig bemüht, wenigstens etwas Stimmung aufkommen zu lassen. Das war ein hartes Stück Arbeit, und man muss aktuell zur Kenntnis nehmen, dass es wohl noch eine ganze Weile dauern wird, bis sich wieder deutlich mehr Fans als heute zu einem Support-Slot vor der Bühne einfinden. Tobias liess sich davon freilich nicht beirren, und nach «One Of Those Days» ab der aktuellen EP «C-Digital Session 2020» folgten zwei Songs vom letzten full-lenght Dreher «Reborn» (2018).
Danach waren mit «Light In My Shadow» und Fighters & Dreamers offenbar neue Tracks an der Reihe, die gut zur bisherigen Performance passten. Nach einer kurzen Akklimatisations-Phase und dem Bestimmen des richtigen ISO-Wertes zu den ständig wechselnden Lichtverhältnissen, fühlte sich das Fotographieren bald wieder gewohnt wie immer an, als sei nie etwas anderes gewesen. Die Band powerte unentwegt, vor allem Drummer Alessandro gab mächtig Gas. Trotzdem hatte ich einige Male das Gefühl, dass die Jungs nicht immer tight auf den Punkt spielen, wie sie das sehrwohl können und eigentlich auch sollten. Vielleicht lag es auch daran, dass Bassist Patrick kurz davor stand Vater zu werden und ausserdem verkündet wurde, dass Lead-Gitarrist Ilia die Band verlassen werde und sich ein möglicher Ersatz gleich nach dem Konzert melden möge. Wenigstens wurde der Aufforderung von Master Bänteli, vor dem Schlussfoto ganz an den Bühnenrand zu kommen, prompt Folge geleistet. Spass machte es allen Beteiligten auf jeden Fall, und nach dem Gig ist immer vor dem nächsten Gig!
Setliste: «One Of Those Days» - «We Want More» - «Kiss The Night» - «Light In My Shadow» - «Fighters & Dreamers» - «Devil On Earth/Break/Struggle»
Molotov Train
Nach einer gefühlt relativ kurzen Umbaupause sah ich zum ersten Mal die "neue Version" der leider verblichenen Maxxwell. Von der vorherigen Besetzung sind neben Leadsänger Gilbi Melendéz noch Cyril Montavon (Rhythm Guitar) und Adrian Müller (Bass) mit dabei, sprich übrig geblieben. Vervollständigt wird der verwegene Haufen durch Claudio Hürlimann (Stallion, Ex-Battalion) und Drummer Rob Viso. Der Bandname, abgeleitet von einer finnischen Brandbombe, ist dabei Programm und umschreibt passend die harte Mucke mit Metalcore Schlagseite. Da ich purem und rohem Metalcore mit endlos keifenden Hate-Vocals nicht viel bis gar nichts abgewinnen kann, war ich nun sehr gespannt, was mich mit Molotov Train erwartet. Als Opener des Gigs wurde mit «Disobedience» auch gleich der erste Song der 4-Track EP gewählt, und da ging es schon ordentlich zur Sache. Gitarrist Claudio alias Clode, der damals bei Battalion schon heftigen Sound machte, dürfte sich hier bestens aufgehoben fühlen. Es ging aber nicht lange, bis sich die wahren Stärken der neuen Band heraus schälten, sprich einerseits kongeniale Backing Vocals von Cyril sowie Adi und zunehmend melodiöse Gesangslinien wie auch die Leadgitarre (Clode), die nebst dem obligaten Shredding vermehrt die Vibes der variabel gehaltenen Vocals unterstützend mittrug.
Als bestes Beispiel dafür steht mitunter der Song «Worlds Together», wo sich eigentlich alles findet, was Molotov Train ausmacht. Meine zunächst befürchtete eingleisige Core-Schiene bestätigte sich in der Folge nicht, und je länger ich dem sowieso mörderisch groovenden Sound lauschte, desto besser gefiel mir die ganze Chose. Spätestens bei «K.T.K» (steht für "Kill The King") holten mich die Jungs mit der unerwartet ruhig gehaltenen Bridge zu ausdrucksstarken Clean-Vocals von Gilbi vollends ab. Auch hier drückt die Melodik bei aller Brachialität immer wieder durch, und mir kommen hierbei die härteren Songs der längst vergessenen Amis von P.O.D. in den Sinn, einfach ohne das rappige Gedöns. Wer nach wie vor Maxxwell nachtrauert, kam gegen den Schluss hin mit «Metalized», dem Titeltrack des letzten Albums, auf seine Kosten. Hierbei zeigte sich zudem, wie dieser Song bestens zur neuen Soundlandschaft passt. Im Gegensatz zu Broken Fate fanden sich zwar etwas mehr Leute vor der Bühne ein, doch Rampensau Gilbi erging es nicht viel besser als Tobias zuvor, sprich auch er konnte keine Begeisterungsstürme in der Schüür entfachen. Dafür hatte es schlicht zu wenig Fans vor Ort, aber für das unverzichtbare Schlussfoto wurde jedoch nochmals alles mobilisiert was ging, und ich wurde eh angenehm überrascht.
Setliste: «Intro» - «Disobedience» - «Back Again» - «Drown» - «Worlds Together» - «Hurricane» - «Independent» - «Paralyzed» - «K.T.K» - «The Beast» - «Metalized» -- «Your Saviour»
Felskinn
Zum Glück gibt es Archive, sprich Festplatten, wo Vergangenes für die Nachwelt aufbewahrt wird. Gemeint ist damit der letzte Auftritt des heutigen Headliners, dem ich zumindest berichtseitig beigewohnt habe. Der Ort: Luzern! Die Location: ABCMixx (existiert schon länger nicht mehr als Konzertort!) und schliesslich das Datum: 13.04.2006 - Tja Freunde..., die Zeit vergeht wie im Fluge, und es könnte durchaus sein, dass ich Andy Portmann unter der Flagge von Felskinn tatsächlich vor ziemlich genau sechszehn Jahren das letzte Mal live gesehen habe. Wahnsinn..., ein ganzes Teenager-Leben ist seither ins Land gezogen. Das war somit noch zu Zeiten des selbstbetitelten Debüts, und nachdem im Jahr darauf das zweite Album «Listen!» folgte, war danach bis 2018 Schicht im Schacht bezüglich Felskinn. Die Comeback-Scheibe «Mind Over Matter» ebnete schliesslich den Weg hin zum brandneuen Werk «Enter The Light», das unerwartet gut, ja brillant ausgefallen ist. In der Stilecke von knackigem Hard Rock bis Melodic Power Metal findet sich kaum Konkurrenz, zumal sich Shouter Andy Portmann hierzu nach wie vor keine Blösse gibt und, zusammen mit der neuen Band, voll abliefert! Zur Promotion des Albums absolviert der Innerschweizer Fünfer gerade eine kleine Swiss-Tour, wovon eines der ersten Konzerte zwar in Balingen (D) abgehalten wurde. Heute Abend stand natürlich das Heimspiel auf dem Programm und der erste Auftritt auf einer grösseren Bühne. Somit konnten, neben dem Backdrop hinter Drummer Ronnie Wolf, auch die Sidedrops aufgestellt werden. Das Wichtigste war jedoch ausreichend Platz auf der Bühne vorzufinden, und den nutzte die Band umgehend, allen voran Frontmann Andy.
Mit der Eingangs-Doublette, bestehend aus den ersten beiden Tracks «Darkness In Your Eyes» und «Send The Angels Down» vom neuen Knaller-Album «Enter The Light», gefolgt vom gleichen Konstrukt auf Basis des Vorgängers «Mind Over Matter», schossen Felskinn gleich aus allen Rohren! Die Saiten-Fraktion mit Martin Rauber (Lead Guitar), Tom Graber (Rhythm Guitar) und Beat Schaub (Bass) legte den Schalter von der ersten Sekunde an um und machte, angetrieben von Ronnie Wolfs Power-Drumming, keine Gefangenen. Auch Master Portmann befand sich umgehend in der Komfortzone und lief ebenso zur Hochform auf. Die inzwischen geschätzten etwa hundert Leute (mehr waren es ganz sicher nicht!) antizipierten immer besser, aber Ekstase sieht vor der Bühne anders aus. An dieser Stelle habe ich vor Jahren einige "Sold out" Konzerte erlebt, wo es dann anders zu und her ging. Auf der Bühne herrschte dafür nichts anderes als pure Spielfreude und Leadgitarrist Martin konnte mehrmals zeigen, war er drauf hat, und das war eine ganze Menge, während Tom unentwegt fette Rhythm-Riffs raus haute. Derweil liess die Rhythm-Section mit Beat und Ronnie ebenso nichts anbrennen und schob den Karren erbarmungslos vor sich her. Dazwischen glänzte Andy mit einigen saugeilen und glasklar gesungenen Screams, die einem eine fette Gänsehaut verursachten. Und dann kam er..., quasi mein Moment des Abends..., mit dem Übersong schlechthin: «World Will End»! Doch das war noch nicht alles, denn Andy widmete mir, nach einem kleinen aber feinen Werbespot für Metal Factory, den Song persönlich. Mehr geht definitiv nicht, und nach nicht weniger als zehn gespielten (der insgesamt zwölf) neuen Songs blieb nur ein Fazit: Meeegageil!!!
Setliste: «Darkness In Your Eyes» - «Send The Angels Down» - «Close Your Eyes» - «Pictures In My Dreams» - «Your Life Is Mine» - «Enter The Light» - «The Night Before The Dawn» - «World Will End» - «The Saviour Was Born» - «Life Beyond The Line» - «Bastards Out» - «Lonely Heart» - «Mind Over Matter» - «Where» - «Sleep Well» - «170105» -- «Wake Up On Mars» - «SixFiveFour»