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07. Mai 2022, Luzern – Schüür
By Oliver H.
In der beliebten Schüür in Luzern fand das Double-Headliner Konzert der Metal-Bands Dark Tranquillity aus Schweden und Ensiferum aus Finnland statt. Startschuss der gemeinsamen Tour war am 01. April in Stockholm und endete am 27. Mai nach 53 Konzerten in Göteborg. Als Anheizer hatten sie an dem Abend die deutschen Formationen The Legion:Ghost und Pyogenesis im Schlepptau, die ich allerdings verpasst oder zumindest nur noch den Schluss mitbekommen habe. So stand dieser Abend also ganz im Zeichen des Folk- und Melodic Death Metals.
Ensiferum
Die Finnen starteten pünktlich um 21:00 Uhr im ausverkauften Lokal in ihr Set. Die Stimmung war friedlich, und die Fans heiss auf mehr. Scheinbar haben die Vorbands ihren Job gut gemacht. Zum Opener «Rum, Women, Victory» grölte die Menge bereits mit, als sei die Sause schon seit einer Stunde im Gange. Dies brachte im Gegenzug Lindroos und Co. ebenfalls in Spiellaune und sie wetteiferten mit dem Publikum um Gesangseinlagen und Grimassen. Was die Erfahrung von fast zwanzig Jahren gemeinsamen Musizierens ausmacht, zeigte sich vom ersten Ton an. Die Herren wussten was zu tun ist, und der Sound, die Show wie das Set von Lindroos, Hinkka und Toivonen passten. Der Fünfer rockte den Schuppen regelrecht in Grund und Boden. Mitbegründer Markus Toivonen schnitt durchs Band Fratzen, streckte seine Zunge raus und wirbelte während des Gigs auf jede erdenkliche Art über die Bühne. Sänger Petri Lindroos drängte die Fans immer wieder in den Moshpit, und es gelang ihm ausserdem, die Leute zu allen Songs jubeln und mitsingen zu lassen. Besonders die älteren Songs, von denen es für meinen Geschmack etwas zu wenige gab, versetzten das Publikum in ein Stimmungshoch. Spannend und deutlich erkennbar waren die Gesangsparts, die geteilt wurden. Lindroos und Montin trugen dabei den Hauptpart, aber auch Hinkka und Toivonen beteiligten sich an der Gesangsleistung. Das ergab eine geniale Abwechslung in ihrem Sound. Bei der Ansage zu «In My Sword I Trust» erhob Lindroos noch sein Schwert, um klarzumachen, dass dies der einzige Freund ist, dem man trauen kann. «Lai Lai Hei» und «From Afar» bildeten das Schlussfeuerwerk, eines viel zu kurzen Konzertes. Es hätte gut und gerne noch zehn Songs so weiter gehen können. Die Band verabschiedete sich gebührend beim Publikum und liess ihm alles zukommen, was während des Gigs irgendwie in Gebrauch war.
Setliste: «Rum, Women, Victory» - «Andromeda» - «One More Magic Potion» - «Into Battle» - «For Sirens» - «Run From The Crushing Tide» - «Treacherous Gods» - «In My Sword I Trust» - «Lai Lai Hei» - «From Afar»
Dark Tranquillity
Und schliesslich, aufgewärmt vom Stahl des Wikingerschwertes, empfing das Publikum im Saal, mit lautem Applaus den zweiten Headliner des Abends – Dark Tranquillity. Allerdings nicht in ihrer Stammformation, denn diese brach 2021 ziemlich auseinander, denn Bassist Anders Iwers sowie Drummer und Gründungsmitglied Anders Jirvap haben Dark Tranquillity den Rücken gekehrt. Einen permanenten Ersatz gibt es nicht. An diesem Abend waren Christian Jansson am Bass und Joakim Strandberg-Nilsson an den Drums als Live-Support dabei. So ging es dann also los. Mikael Stanne lächelte schon beim Betreten der Bühne über beide Backen und wirkte dabei wie ein schüchterner Reserve-Heiland. Allerdings nur, bis er sein Stimmorgan auspackte. Aufgepeitscht vom Applaus des Publikums trat er in die Vollen, und der Sound der Schweden war messerscharf sowie nochmals einen Zacken klarer, als zuvor bei Ensiferum. Der Lichtmensch hatte beide Hände voll zu tun, was den Job, ein gutes Foto zu machen, nicht gerade erleichterte. Zwischen viel Rauch und Nebel bediente Stanne schliesslich noch die Fans der ersten Reihe mit becherweise Wasser, die vor Durst und Schweiss umzukippen drohten. Im Hintergrund liefen auf Grossleinwand mehr oder weniger verstörende Videos, die stets gut zu den Songs passten. Technisch befand sich die Truppe in Höchstform, was das Publikum absolut zu schätzen wusste. Daher spielte es auch keine Rolle, dass Neu-Stammklampfer Christopher Amott nach Hause gereist war, um seine frisch geborene Tochter in die Arme zu schliessen. Für ihn übernahm der amerikanische Session-Musiker Joey Concepcion die Saiten. Darauf trank der Sänger ein Bierchen, wünschte allen gute Gesundheit und fragte das Publikum oft, ob es den Abend geniesse. Und wie es das tat! Selbst als die Band nach 75 Minuten die Bühne verliess, riefen sie Dark Tranquillity für drei zusätzliche Songs erneut aus den Katakomben der Schüür heraus. Verschwitzt und ausgepowert schüttelten die Schweden auch dann noch Hände, als das Licht im Saal bereits wieder angegangen war, um dem Strom schwarzgekleideter Metal-Liebhaber den Weg zu leuchten.
Setliste: «Phantom Days» - «Transient» - «Focus Shift» - «Monochromatic Stains» - «Forward Momentum» - «Terminus (Where Death Is Most Alive)» - «The Dark Unbroken» - «Final Resistance» «Atoma» - «The New Build» - «Identical To None» - «Encircled» - «ThereIn» -- «Zugaben: «The Treason Wall» - «Lost to Apathy» - «Misery's Crown»
So ging ein wunderbarer Metal-Abend zu Ende! Einziger Wehrmutstropfen: die Double-Headliner Tour war zeitlich nicht ganz gerecht aufgeteilt – zumindest aus Sicht der Fans von Ensiferum.