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29. Juni 2024, Zürich - Letzigrund Stadion
By Rockslave
Die "Rock Or Bust" Tour 2015/2016 stand ja unter einem denkbar schlechten Stern, nachdem Malcolm Youngs fortschreitende Demenz ein Weitermachen verunmöglichte und Brian Johnsons massive Gehör-Probleme eine zwingende Auszeit mit ungewissem Ausgang nach sich zogen. Doch das Rock-Monster AC/DC liess sich dadurch nicht ausbremsen, und so nahm erstmal Malcolms Neffe Stevie Young dessen Platz fix ein, während ein gewisser William Bruce Rose Jr. den Rest der Tour in der Heimat Australien und Europa "rettete". Da der Drumposten damals wieder von Chris Slade eingenommen wurde, weil Ur-Drummer Phil Rudd wegen Problemen mit der Justiz nicht zur Verfügung stand, war Angus Young das einzig verbliebene Gründungs-Mitglied.
Bassist Cliff Williams verkündete zudem, dass er sich 2016 nach der Tour zurück ziehen werde. Vier Jahre später, um die Geschichte näher an die Aktualität zu bringen, sprich im November 2020, kam mit «Power Up» ein überraschend wie erfrischendes neues Studio-Album mit dem Line-up Young - Rudd - Johnson - Williams - Young heraus. Nochmals knapp vier Jahre später wurde zur grossen Freude der Fans die "Pwr/Up Tour 2024" angekündigt. Was kaum jemand für möglich gehalten hatte, wurde nun doch wahr! Das lag vor allem daran, dass Brian Johnson (mittlerweile 76 Jahre alt!) gesundheitlich glücklicherweise wieder auf dem Damm ist und Gehör wie Gesang quasi wundersam "repariert" werden konnten.
Damit diese womöglich letzte und nicht unerwartet sehr gut besuchte Tour (die etwa 48'000 Tickets von Zürich waren innerhalb von acht Minuten weg!!) in die Tat umgesetzt werden konnte, verpflichtete man mit Matt Laug (Alanis Morissette, Alice Cooper, Slash's Snakepit) und Chris Chaney (Jane's Addiction, Alanis Morisette) eine neue Rhythm-Section, die Angus, Brian und Stevie optimal unterstützen, auch wenn das nicht jedem die-hard Fan schmeckte. Das Einzige was zählt, ist aber der Output, sprich die Performance und (wieder) mit Brian als Sänger sowie Angus als tragendem Musiker war die Gewähr hoch, dass es gut kommt.
Der Beweis dafür wurde am 17. und 21. Mai in Gelsenkirchen (D) angetreten, wo die Band je einen zweieinhalbstündigen Hammer-Set mit nicht weniger als 24 Songs hinlegte. Dass in der Folge gleich drei Songs («Givin The Dog A Bone», «Dog Eat Dog» und «Hell Ain't A Bad Place To Be») wieder aus dem Set heraus flogen, war zwar schade aber man merkte wohl schon zu Beginn, dass man diese Pace so nicht durchstehen konnte und entsprechend reagieren musste. Doch das, was nun "noch übrig" blieb, war natürlich immer noch gigantisch und bescherte bisher nach wie vor nichts als total umjubelte Konzerte, die die 2-Stunden Marke immer noch locker knackten. Als durchaus interessanten Support hatte man The Pretty Reckless mit auf der Tour, wo sich Frontfrau Taylor Momsen keine Blösse gab.
The Pretty Reckless
Gerne hätte ich an der Stelle unseren Leserinnen und Lesern davon berichtet, wie sich Taylor und ihre Jungs in Zürich geschlagen haben, doch nach der Mitteilung, dass The Pretty Reckless nicht fotographiert werden dürfen (was sicher nicht von der Band ausging), gestaltete sich der Zeitplan (mit der Kamera) vorab ins Stadion zu gehen, heisst bezüglich des offiziellen Treffpunktes der Journalisten und Photographen für AC/DC, leider als nicht machbar. So wartete ich die Zeit ab Spielbeginn um 18:30 Uhr halt ausserhalb des Letzis ab und musste mir vorübergehend eh einen Unterstand suchen, da es zu regnen begann. Einige heftige Windböen, die wie aus dem Nichts plötzlich da waren, liessen zunächst befürchten, dass es bald womöglich richtig heftig anfangen würde zu schütten. Glücklicherweise beruhigte sich das Wetter-Geschehen wieder, zumindest vorerst. Als sich der ganze Journi-Tross dann um 19:15 Uhr in Richtung Bühne aufmachte, stand die Support-Band immer noch auf der Matte. Kurz darauf war das Konzert zu Ende, und alles was ich noch sah, war die in einen Bademantel gehüllte Miss Momsen rasch an uns vorbei huschen.
AC/DC
Danach begann das Herrichten der Stage für die grösste Rock'n'Roll Band, die dieser Planet je gesehen hat und sehen wird. Das Privileg, hier mit dabei sein zu dürfen, erfüllte mein Herz mit sichtlicher Freude, und da sich Kollege Tinu leider kurzfristig ausklinken musste, sah ich mich unverhofft in der von der ursprünglichen Akkreditierung her eigentlich nicht vorgesehenen Doppelrolle als Fotograph und Berichterstatter in Personalunion. Cheffe Roxx bog das Ganze jedoch entsprechend zurecht, und so gab es anschliessend keinerlei Probleme. Der Konzertbeginn war grundsätzlich mal auf 19:45 Uhr angesagt gewesen, aber weil just an diesem Abend noch unsere Fussball-National-Elf an den Europa-Meisterschaften im Einsatz gegen England stand und bis kurz vor Schluss mit 1:0 vorne lag, wartete man das Spielende in weiser Voraussicht ab, und als um 20:00 Uhr herum der Match auf einem grossen Screen zugeschaltet wurde, kannte der Jubel zum erfreulichen Schlussstand von 2:0 kein Halten mehr.
Quasi Sekunden später ging es dann los, und das betraf auch den Regen, der leider zurück kehrte und vor allem während des Openers «If You Want Blood (You've Got It) kräftig auf unsere edlen Häupter niederprasselte. Ab «Back In Black» blieb das Nass von oben dann zum Vorteil der nicht wirklich wetterfesten Ausrüstung aus und hielt sich anschliessend wenigstens während dem Konzert zurück. Nach den Fotos musste die Kamera natürlich abgegeben werden, und bis ich dann letztlich an meinem Presseplatz (inklusive Bier und Burger) sass, war die Setliste um zwei Songs ärmer. Nichtsdestotrotz gab es noch genügend Höhepunkte, die zum Genuss anstanden. Hoch war auch die Lautstärke, denn meine Wenigkeit montierte vorsorglich die Ohren-Pfropfen, mit denen es letztlich immer noch völlig in Ordnung klang. Derweil ging es auf der Bühne ordentlich ab, und auch wenn die beiden Haupt-Protagonisten sichtlich in die Jahre gekommen sind, tat das der Performance absolut keinen Abbruch, im Gegenteil!
Brian Johnson war nicht nur stimmlich beinahe wieder ganz der Alte, sondern der geneigte Fan sah ausserdem wieder alles, was den AC/DC Frontmann bezüglich Posen und Ticks (ständiger Griff an die Mütze) ausmacht. Dazu Mainman Angus Young (69), der wiederum nicht lange brauchte, bis er pitschnass war. Dass er mittlerweile unübersehbar ergraut ist, hinderte ihn freilich nicht daran, sein Gitarrenspiel in gewohnter Art und Weise zu verinnerlichen, was vom komplett ausverkauften Letzi jeweils mit frenetischem Applaus bedacht wurde. Während vorne also der Bär steppte, feuerte auch die Backmannschaft mit Stevie, Chris und Matt aus allen Rohren. Auf den zwei grossen aufgehängten Video-Screens sah man die einzelnen Musiker jeweils in Grossaufnahme. Auf dem mittleren Screen in der Mitte lief zu Beginn das Intro mit dem Muscle-Car ab und, dann folgten verschiedene thematisch zum jeweiligen Song passende Einspieler. Die Bühnen-Ausstattung zur "Pwr-Up Tour" kam diesmal deutlich entschlackt daher.
Somit rückte die Performance in den Vordergrund, und je länger das Konzert dauerte, desto mehr wurde das Ganze zu einem Selbstläufer und brachte das Letzigrund Stadion zum Beben. Die einsetzende Dunkelheit trug ausserdem dazu bei, dass die fette Lightshow noch mehr zur Geltung kam, wie auch die zigtausenden von blinkenden roten Teufelshörnchen, die die Kassen der Merchstände zum Überquillen brachten. Die hammermässige Stimmung der Fans wurde wegen kurzen und verständlichen Pausen zwischen den Songs zwar immer wieder etwas ausgebremst, doch sobald Angus das nächste Riff anschlug, ging es unaufhaltbar weiter. Ein Blick auf die Setliste zeigt, dass dies nach wie vor nichts als ein Schaulaufen der Extraklasse war. Dass bei «Whole Lotta Rosie» die aufblasbare und überdimensionierte Puppe fehlte, war zu verschmerzen. Hammermässig geriet dafür «Let There Be Rock», wo Angus noch ein ellenlanges Solo beisteuerte. Nach über zwei Stunden kamen dann natürlich noch, wie immer, die Kanonen zum Einsatz.
«For Those About to Rock? Oh ja, und wie! Die knapp 50'000 begeisterten Zuschauer bekamen beim einzigen Schweizer Konzert zur laufenden Tour alles geboten, was das Rocker-Herz begehrt. Und im Wissen darum, dass dies gut möglich die letzte Tour der australischen Rock-Legende gewesen sein könnte, machte diesen bockstarken Auftritt, zusammen mit dem geschichtsträchtigen Fussball-Resultat, zu einer unvergessenen "night to remember"! Als optischer Rausschmeisser wurde dann noch ein kurzes Feuerwerk in den Nachthimmel gepustet, ehe das grelle Licht anging und das Stadion sich langsam wieder entvölkerte. Danke Angus, Brian, Stevie, Chris und Matt für diesen wunderbaren Abend, der nochmals unmissverständlich aufzeigte, wer die wahren Kings of Rock'n'Roll sind!
Setliste: «If You Want Blood (You've Got It)» - «Back In Black» - «Demon Fire» - «Shot Down In Flames» - «Thunderstruck» - «Have A Drink On Me» - «Hells Bells» - «Shot In The Dark» - «Stiff Upper Lip» - «Shoot To Thrill» - «Sin City» - «Rock'n'Roll Train» - «Dirty Deeds Done Dirt Cheap» - «High Voltage» - «Riff Raff» - «You Shook Me All Night Long» - «Highway To Hell» - «Whole Lotta Rosie» - «Let There Be Rock (mit Solo von Angus» -- «T.N.T.» - «For Those About to Rock (We Salute You)»