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"...Du kannst dies nicht proben, vor so vielen Leuten aufzutreten. Du musst raus und abliefern..."
Da befinden wir uns auf dem Weg ans "Sweden Rock Festival", fliegen nach Kopenhagen, steigen dort in den Zug, und wen sieht man auf dem Bahnsteig? Genau! Filippa Nässil, die Gitarristin von Thundermother. Ein lockerer Smalltalk wird nur durch unseren Ausstieg gestoppt und endet mit dem Versprechen, dass wir uns bald zum neuen Album «Black And Gold» unterhalten werden. Ja, das neue Werk ist eine Killer-Scheibe geworden, die allen Hard Rock Fans schwarzgoldene Träume bescheren wird. Zusammen mit Sängerin Guernica Mancini, Schlagzeugerin Emlee Johansson und Bassistin Mona Lindgren hat die Gitarristin genau dieses Album veröffentlicht, das mächtig Arsch tritt, und dies von der ersten bis zur letzten Sekunde. Fast zeitgleich zum Release werden die Schwedinnen aber noch in Amerika auf Tour gehen.
MF: Bald werdet ihr mit den Scorpions auf Tour gehen. Wie fühlt sich das für euch an?
Filippa: Yeah! Es fühlt sich so unreal an (grinst). Ich glaube, das wird mir erst bewusst, wenn ich in den Staaten auf der Bühne stehe (lacht). Es ist wirklich schwierig, das zu glauben. Es gibt noch sehr viele Dinge, die vorbereitet werden müssen, wie zum Beispiel das Merchandising und die ganze Kommunikation mit den anderen Bands (lacht). Wir sind bloss der Opening-Act und die letzten in der Kette, welche die Informationen erhalten (grinst). Wahrscheinlich in den letzten Minuten (lacht). Aber es ist noch surreal, und ich hoffe, dass alles klappen wird.
MF: Hört sich an, als ob dies für dich zu einem wahr gewordenen Traum wird, mit solch grossen Bands in den USA zu touren?
Filippa: Ja, da hast du recht Martin, es ist ein Traum! Es ist das Geilste in meinem Leben, auf der Bühne zu stehen. Dies nun mit solch erfolgreichen Bands zu machen. Wow! Es wird passieren (ganz aufgeregt), aber ich kann es noch immer nicht glauben (lacht)!
MF: Ihr werdet in den grossen Arenen spielen, heisst wird da das Lampenfieber grösser sein?
Filippa: Ich denke…, der Unterschied wird sein, dass mehr Leute die Shows besuchen werden. Darum werden wir versuchen, immer unser Bestes abzuliefern und uns nicht darum zu kümmern, ob nun eine Person oder 40'000 Leute da sein werden. Wir spielen immer mit der gleichen Hingabe, aber klar werden wir nervöser als sonst sein (grinst). Du kannst dies nicht proben, vor so vielen Leuten aufzutreten. Du musst raus und abliefern (grinst). Es wird anders sein als bei unseren Gigs in Europa, und ich hoffe, dass mein Equipment funktionieren wird (lacht). Als wir damals die KISS Cruise spielten, hat rein gar nichts geklappt. Nirgends konnte ich mein Pedalbrett einstecken (grinst), aber auf dieser Tour werden wir viele professionelle Leute an Bord haben, die uns unterstützen werden. Dann wird sicher alles klappen (lacht).
MF: Was magst du lieber, deine eigenen Headliner-Gigs zu spielen oder solche Support-Shows?
Filippa: Du kannst dies nicht miteinander vergleichen. Es ist verdammt verrückt und cool für solche Legenden zu eröffnen. Hey Martin, wir spielen in Arenen! Wir werden bloss eine halbe Stunde auf der Bühne stehen. Es wird schwierig sein, den Leuten "in diesen paar Sekunden" zu zeigen, wer wir wirklich sind. Weisst du…, ich denke Headliner-Shows sind ebenso grossartig, es spielt keine Rolle. Hauptsache wir stehen auf der Stage und haben Spass dabei. Klar liebe ich es längere Gigs zu spielen.
MF: Kommen wir nun zum neuen Album, was kannst du uns alles über «Black And Gold» erzählen?
Filippa: Wir sind sehr stolz auf die Scheibe! Sie beinhaltet nur Hits (lacht), angefangen beim Blues bis hin zu einer Power Rock Ballade und zum typischen Aerosmith und AC/DC Stil, einfach alles. Ich denke auch, diesen Arena-artigen Sound, und ich bin mir sicher, dass es ein grossartiges Album geworden ist. Ich bin sehr stolz darauf und hoffe die Zuhörer:innen werden das auch so sehen (grinst)? Ich bin sehr glücklich damit (lacht).
MF: Ich liebe die neue Scheibe und denke, dass es das beste Werk von euch geworden ist…, bis anhin…
Filippa: …wirklich? Das ist ja wunderbar, danke dir Martin! Ich denke, dass wir mit «Black And Gold» noch eine Spur einzigartiger geworden sind. Das hat sich aber so entwickelt, weil wir nicht mehr auf der Suche nach der eigenen Identität sind, sondern diese gefunden haben. Es ist unser Stil, und ich hoffe, dass sich die Leute unserer Musik gegenüber mehr öffnen werden, sprich wir somit auch jüngere Leute erreichen können, denen unser Album gefallen wird.
"...Wir kamen von den Gigs nach Hause und mussten die Koffer gleich für die nächsten Konzerte packen..."
MF: Habt ihr wegen dem Virus länger an den neuen Tracks gearbeitet?
Filippa: Als wir uns trafen, war es eine sehr intensive Zeit. In dieser Periode schrieben wir sehr viele Lieder (grinst). In vier Tagen komponierten wir unzählige Songs, welche wir am Schluss jedoch ausmustern mussten. Einmal mehr schrieben wir zu viel Material (lacht). Es müssen an die zwanzig Lieder gewesen sein. Es war sehr hektisch beim Komponieren, da uns noch so viele Tourneen bevor standen. Wir kamen von den Gigs nach Hause und mussten die Koffer gleich für die nächsten Konzerte packen. Wir trafen uns, hingen zusammen ab, und gleich ging es wieder los (lacht). Es war dieses Mal kniffliger, die Tracks zu komponieren.
MF: Vielleicht macht es gerade dieses eingängige und mehr "in den Arsch treten" gegenüber dem Vorgänger «Heat Wave» aus?
Filippa: Oh Martin, das hört sich gut an (grinst). Wir versuchen immer mit unseren Songs Arsch zu treten (lautes Lachen). Einige Tracks schrieben wir in Stockholm. Guernica komponierte «Wasted», den besten "Filippa-Song", den es gibt (lautes Lachen). Wenn wir alles zusammenwerfen, dann ergibt dies Thundermother.
MF: «Wasted» ist mein Lieblingssong auf der neuen Scheibe!
Filippa (lachend): Wirklich? Das ist dieser typische, kernige Rock'n'Roll, den ich so liebe. Weisst du, wenn man am Strand sitzt und sich ein Bier genehmigt (lacht).
MF: Was willst du uns mit dem Albumtitel «Black And Gold» mitteilen?
Filippa: Keine Ahnung (lautes Lachen). Zuerst hatten wir keinen Plan, wie wir die Scheibe nennen sollen (lacht). Da erinnerten wir uns daran, dass die Arbeit ein Teamwork war. Du bist eine eingeschworene Einheit, willst in ein grosses Stadion gehen und dir diese Lieder anhören, zusammen mit dem Publikum. Wir brauchen die Fans für unsere Musik, sie verlangt danach. Wir trugen diese schwarz-goldenen Jacken, diese-Crew Jacken, als wir auf Tour waren. Daraus ergab sich dieses Thema, ein Team zu sein. Jeder kann ein Mitglied im Thundermother Team sein. Darum nennen wir das Album «Black And Gold», weil es für alle da draussen geschrieben wurde. Für den Thundermother "black and gold spirit" (lacht).
MF: Darum wird das neue Thundermother Merch nur in den Farben Schwarz und Gold erhältlich sein?
Filippa (lachend): Genau in diesem Moment haben wir die Tourshirts für Amerika und Kanada in Auftrag gegeben (lautes Lachen), und sie werden blau und rot sein (lacht), heisst der typische amerikanische Stil. Unsere neue CD ist Schwarz wie Golden, und wenn wir im Frühling 2023 zurück nach Europa kommen…, werden wir eine grosse Tour spielen, die Ende Februar starten wird.
MF: Kommen wir nochmals zurück zum neuen Werk. Ist «A Light In The Sky» autobiografisch für Guernica und ihren Kampf gegen den Krebs?
Filippa: Ich erinnere mich nicht mehr an den Text, kannst du ihn mir nennen (lautes Lachen)? Natürlich hat der Tumor und der Kampf gegen den Krebs Guernica beim Schreiben der Texte beeinflusst. Bei diesem Song haben wir aber mehr an Batman gedacht (lacht). Du erinnerst dich, wenn Batman gerufen wurde, erschien doch dieser Lichtstrahl am Himmel? Du weisst, was ich meine? Wenn du nun «A Light In The Sky» erstrahlen lässt, dann kommen Thundermother in deine Stadt und spielen ein Konzert (lacht)…
MF: …das ist ja grossartig…
Filippa: …wir haben uns überlegt, ob wir dieses «A Light In The Sky» als Album-Cover mit dem Thundermother Logo am Himmel verwenden sollen (lacht). Das war der Grundgedanke bei diesem Track (lacht). "Wollt ihr Rock'n'Roll hören? Dann sendet das Licht zum Himmel, und wir werden für Euch da sein (lacht)“.
MF: Die "World Domination" wartet auf euch…
Filippa: …absolut Martin, wenn nicht jetzt, wann dann (lautes Lachen)?!
MF: Gibt es trotzdem diesen einen Song auf der neuen Scheibe, den du mehr magst als die anderen?
Filippa: Ein ganz besonderer Track ist «Raise Your Hands». Das ist ein Shuffle, den wir in unserer Vergangenheit erst einmal ausprobiert haben. Das war beim Rhythmus zu «Mexico» auf dem letzten Album. Wir wollten diesen Beat wieder als Thema aufnehmen. Es hört sich nach Whitesnake an, wenn man auf die Gitarren achtet. Es ist wie ein neuer Vibe, und ich geniesse ihn sehr, aber ich liebe diesen Rock'n'Roll Stoff. Wie auch «Wasted» oder «Loud And Free», die sind richtig cool geworden. Es gibt da dieses Riff, das ich sehr geniesse beim Spielen. «Looks No Hooks» besitzt einen Stil, der sehr stark an die sechziger Jahre erinnert. Ich will dieses Stück unbedingt live spielen.
"...Gerade jetzt haben wir einen "Break", und ich verspüre Sehnsucht nach den anderen Ladys..."
MF: Wie wichtig ist Freundschaft für dich in der Band?
Filippa: Sehr, sehr wichtig! Es ist ein Familien-Thema. Klar gibt es Momente, in denen du alleine sein willst, aber sehr bald merkst du, wie du die anderen zu vermissen beginnst. Gerade jetzt haben wir einen "Break", und ich verspüre Sehnsucht nach den anderen Ladys. Man hofft, dass es bald wieder auf Tour geht. Da wir aber höchstens für eine oder zwei Wochen zu Hause sind..., dabei versuchen wir unser Stresslevel wieder in Einklang zu bringen. Es gibt aktuell so vieles, das noch getan werden muss. Darum sprechen wir täglich über Zoom miteinander und halten so unsere Meetings ab. Wir managen uns aktuell selber.
MF: Warst du jemals verärgert über Manager, das Musikbusiness und die Labels?
Filippa: Oh Martin, jetzt fischst du aber tief (lacht). Eigentlich benötigen wir einen Manager, damit wir den Kopf frei kriegen, um uns auf die Musik konzentrieren zu können. Ab und zu tut es gut, auch in andere Bereiche zu sehen. Klar waren wir hin und wieder auch angepisst über Manager, aber seien wir ehrlich, am Ende des Tages ist es besser, wenn man jemanden hat, der sich um die geschäftlichen Dinge kümmern kann (lacht). Vielleicht haben wir einen nach dieser Tour, wer weiss? Spätestens dann, wenn wir zu gross geworden sind, können wir uns nicht auch noch um das Geschäft kümmern (lacht).
MF: Dann wenn ihr die Headliner sein und die Scorpions sowie Whitesnake für euch den Support spielen…
Filippa: …dann brauchen wir bestimmt einen Manager (lautes Lachen). Ist aber eine brillante Idee Martin!
MF: Hast du es jemals bereut, dich zu 100 % auf die Musik zu fokussieren?
Filippa: Als es mir langweilig war, kam mir diese Idee (lacht). Frag meine Mam, sie wird dir erklären, was sie von dieser Idee gehalten hat (lautes Lachen). Natürlich bin ich sehr stolz, dass ich von der Musik leben kann und tun kann, was ich liebe. Das ist ein wahr gewordener Traum. Ich bin glücklich und gesegnet, dass ich mich dafür entschieden habe. Andere Leute fahren zur Arbeit und ich tat dies aber nie. Ich übe immer noch mein Hobby aus…
MF: …ein cooles Hobby…
Filippa (lachend): …ja, vielleicht ist es nicht immer so cool. Manchmal muss man gewisse Dinge ausblenden (lacht). Dann schaue ich Netflix, dazu habe ich aber gerade kaum Zeit (grinst).
MF: Konntest du all deine Wünsche, Hoffnungen, Erwartungen und Ziele mit der Musik erfüllen?
Filippa: Ich habe sechzehn Ziele (lacht). Mein erstes war, in Wacken zu spielen. Das haben wir erfüllt, und nun sehen wir, wohin uns der Flow bringt. Jetzt steht uns diese riesige Nordamerika Tour bevor. Wenn es sich weiterhin so gut entwickelt…, egal wohin es uns trägt, es wird alles möglich sein, und wir werden niemals aufgeben! Das ist mein Motto: "Gib nie auf, wenn du etwas liebst!"
MF: Wie hat sich die Person Filippa über all die Jahre verändert?
Filippa: Martin, das sind wirklich gute Fragen, speziell diese (grinst zufrieden). Sag du es mir, du kennst mich (lacht).
MF: Nur ein bisschen…
Filippa: …ja, wir beide kennen uns ein bisschen (lacht). Ich würde sagen (überlegt)…, ich bin extrem zuversichtlich in dem was ich tue. Ich weiss wer ich bin und welche die guten Qualitäten von mir sind. Sollte ich einen schlechten Tag einziehen, sagen mir dies die Mädels in der Band (lacht). So lerne ich jeden Tag dazu, und viele Leute haben mich in der Vergangenheit auf schlechte Dinge hingewiesen. Dieser vorgehaltene Spiegel ist sehr hilfreich und bringt mich weiter. Gewisse Leute versuchen dich zu brechen, aber heute gelingt sowas nicht mehr, da ich mental viel stärker geworden bin.
MF: Filippa, herzlichen Dank für das Gespräch. Einmal mehr, war es ein Vergnügen mit dir.
Filippa: Ich danke dir Martin. Absolut, es hat wieder sehr viel Spass gemacht. Ich freue mich, dich wieder in der Schweiz zu sehen oder in Kopenhagen am Bahnhof (lautes Lachen)!