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"...Ich erinnere mich an das Z7 – ein grossartiger Veranstaltungsort. Die Fans gehen immer voll ab..."
Seit 2012 sind The Dead Daisies im Musik-Universum aktiv und konnten bereits viele Hard Rock Fans begeistern. Obwohl sich die Bandbesetzung mehrfach änderte, gehört Doug Aldrich (ehemals Whitesnake, Dio, Bad Moon Rising, Hurricane, Lion, House Of Lords und weitere) seit 2016 zu den Gründungs-Mitgliedern, einschliesslich David Lowy (Gitarre). Nachdem Brian Tichy (Schlagzeug) im Jahr 2022 ebenfalls zur Band zurück gekehrt ist, ist nun auch der Sänger John Corabi (ehemals Mötley Crüe, The Scream, Union) wieder Teil der Band. Ausserdem brachte der kraftvolle Sänger Michael Devin mit, der früher bei Whitesnake Bass spielte. Diese beiden ersetzten Glenn Hughes (Gesang, Bass, ehemals Deep Purple), der sich wieder seiner Solo-Karriere widmen möchte.
The Dead Daisies werden daher am 4. November 2023 in der Besetzung Corabi, Aldrich, Lowy, Devin und Tichy im Z7 auftreten und ihre Hits spielen, die sie auf dem kürzlich veröffentlichten "Best Of"-Album präsentiert haben. Wer auf eine geballte Ladung Hard Rock steht und dem Blues zugeneigt ist, sollte sich diese Show nicht entgehen lassen. Doug hat mir kurz vor Tourbeginn ein paar Einblicke ins TDD-Lager gewährt.
Doug: Hi! Wie gehts, Bruder? Und wie deinen Mädels, geht es ihnen gut?
MF: Danke, alles bestens, und wie läuft es bei dir?
Doug: Ich bereite mich gerade auf die Tour vor und verbringe viel Zeit mit meinen Kindern. Zwei von dreien sind immer noch zu Hause. Wir spielen viel zusammen, erledigen Hausaufgaben und vernachlässigen den Sport nicht (grinst). Das macht alles sehr viel Spass, genauso wie das Gitarrespielen (lacht).
MF: Es ist cool, dass ihr wieder auf Tour geht. Wie fühlt es sich an, wenn alles teurer geworden ist?
Doug: Ja, leider sind die Kosten erheblich gestiegen. Es ist eine neue Herausforderung, mehr Shows zu spielen, um nicht in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Aber weisst du Martin, jede Band kämpft aktuell mit dieser Situation. Allein die Kosten für einen Tourbus sind heutzutage verrückt. Wir können nicht auf kleinere Fahrzeuge umsteigen, da unsere Backline zu gross ist. Früher hatte ich sechs Gitarren mit auf Tour, heute habe ich nur noch deren zwei dabei. Eine, mit der ich auf der Bühne spiele, und eine als Reserve. Ich erinnere mich an das Z7 – ein grossartiger Veranstaltungsort. Die Fans gehen immer voll ab, und ich erinnere zudem daran, dort zusammen mit Dio aufgetreten zu sein (lacht). Es ist immer ein Erlebnis, in der Schweiz spielen zu können. Die Leute haben uns immer herzlich empfangen.
MF: Bei eurem letzten Auftritt hat euch Dino Jelusić ausgeholfen, da Glenn Hughes krank war...
Doug: ...das war grossartig, dass Dino uns da spontan aus der Patsche helfen konnte. Der Auftritt in der Schweiz war für uns sehr wichtig, da die Fans von weit her angereist waren. Deshalb wollten wir dieses Konzert auf keinen Fall absagen. Wir baten Dino uns auszuhelfen, und er hat einen grossartigen Job gemacht. Wenn man den Sänger wechselt, klingt es immer anders. Es ist ein anderer Sound und eine andere Energie, aber ich bin sicher, dass Dino sein Bestes gegeben hat, und die Leute verbrachten einen tollen Abend im Z7. Wir sind ihm sehr dankbar, dass er uns in dieser Situation geholfen hat.
MF: Warum hat Glenn die Band verlassen?
Doug: Er wollte wieder seine Purple-Songs spielen, zum 50. Geburtstag der Lieder. Er wollte auch Teil der Dead Daisies sein, aber nun schien wieder die Zeit gekommen, in der er sich auf seine eigenen Dinge konzentrieren wollte. Ich denke, dass es für ihn nicht immer einfach ist, Teil einer Band zu sein (schmunzelt). In der Regel ist er sein eigener Chef, und das war schon immer so, ausser vielleicht damals bei Deep Purple und Trapeze.
Er war selten in einer Band, sondern eher ein Solo-Künstler. Glenn hat einen wundervollen Job abgeliefert, aber ich denke, mit dem was er jetzt macht, ist er glücklicher. Wir hatten einen guten Lauf mit ihm und sind sehr stolz, dass er ein Teil von uns war. Die Musik, die wir zusammen kreiert haben, war wirklich cool. Zusammen mit Glenn haben wir andere Dinge ausprobiert, und er wird immer ein Teil der The Dead Daisies Familie bleiben. Wer weiss, was uns die Zukunft noch alles bringen wird. Vielleicht sehen wir uns wieder auf der Bühne und jammen ein bisschen zusammen. Es ist jedoch sehr aufregend und macht uns unglaublich glücklich, dass John Corabi wieder mit an Bord ist.
"...John war sofort Feuer und Flamme, und wir sind wirklich sehr glücklich, dass er wieder bei uns ist..."
MF: War es der absolut normale Weg, dass John wieder zu euch gestossen ist?
Doug: Ich weiss, du freust dich, dass John wieder bei uns ist (lacht). Wir hofften, dass er wieder zu uns zurück kehren würde. Es gab jedoch keinen festen Plan, sondern es hat sich ganz natürlich entwickelt. Wir waren immer in Kontakt mit John. Als Glenn uns mitteilte, dass er seinen 50. Deep Purple Geburtstag auf der Bühne feiern wolle, war klar, dass er sich von uns abwenden würde. Wir waren gerade dabei, eine "Best Of"-Scheibe zu veröffentlichen, die im August das Licht der Welt erblickte. Zu dieser Zeit hofften wir, dass John sich uns wieder anschliessen würde. David hat sich mit ihm getroffen, und sie sprachen über einen möglichen Wiedereinstieg. John war sofort Feuer und Flamme, und wir sind wirklich sehr glücklich, dass er wieder bei uns ist. Da Glenn nicht nur sang, sondern auch Bass spielte, mussten wir uns zusätzlich nach einem neuen Bassisten umsehen, den wir in Michael Devin fanden.
Er ist unsere Geheimwaffe (grinst). Das Interessante an der Geschichte von The Dead Daisies ist, dass sich immer wieder ehemalige Musiker von Whitesnake einfanden. Michael und Brian sind seit den frühen Neunzigern befreundet. Sie haben tausende von Shows zusammen gespielt, darunter auch Gigs mit Whitesnake oder Lynch Mob. Die beiden haben zusammen einen ganz eigenen Sound. Nachdem Whitesnake die letzten Konzerte gespielt hatten, war Michael verfügbar. Brian, David und Michael haben zusammen gejammt. Michael ist ein fantastischer Bassist und Sänger. Er kann den Lead, aber auch die Backings übernehmen. Er ist das vollkommene Paket, sieht unglaublich gut aus, fährt einen Wahnsinns-Sound auf und ist ein supercooler wie lockerer Typ. Das Lustige ist, dass sich John und Michael schon lange kennen und schon einige Gigs zusammen gespielt haben (grinst). So schliesst sich irgendwie der Kreis, und es ist wirklich cool!
MF: Du weisst, dass John für mich der perfekte Sänger und Entertainer für The Dead Daisies ist. Wie siehst du das?
Doug: Die Zeit mit John zusammen war sehr erfolgreich. Er wollte eine Pause im Jahr 2018. Es war an der Zeit, dass er sich um seine eigenen Lieder kümmern konnte. John hatte Anfragen für Soloauftritte, die er wahrnehmen wollte, und sein Sohn war Teil seiner Band. Er brauchte diese Auszeit, und wir gingen mit Glenn weiter. Jetzt, wo er wieder zurück ist, fühlt es sich an, als könnte John wieder seine The Dead Daisies Lieder singen (lacht). Mister Corabi ist im wahrsten Sinne des Wortes zurück gekommen (grinst). Es ist eine sehr entspannte Geschichte mit ihm und für uns alle, als käme jemand in die Familie zurück.
MF: Brian kehrte bereits vor einem Jahr zu The Dead Daisies zurück. Kann man nun sagen, dass sich die Musiker in dieser Band gefunden haben, welche die Truppe am besten repräsentieren?
Doug: Ja, es ist sicherlich ein grossartiges Line-up. Ich bin aber auch der Ansicht, dass die vorherigen Besetzungen mit Dizzy Reed oder Richard Fortus und Glenn Hughes fantastisch waren. Als Brian zurück kam, veränderte sich der Groove. Er ist mein Lieblings-Schlagzeuger auf dieser Welt. Vergiss nicht, dass ich mit vielen der Besten gespielt habe, wie Mikkey Dee, Tommy Aldridge, Jason Bonham oder den beiden Appice-Brüdern. Die Liste mit diesen Könnern ist endlos. Brian ist..., er ist einfach umwerfend, wenn er loslegt (grinst).
Es hat sich einiges mit der neuen Besetzung geändert. Während Glenn an seinem Mikrofon stand, weil er noch Bass spielte, bewegt sich John viel mehr und rennt von links nach rechts. Er ist ein unglaublicher Frontmann, besonders wenn er das Publikum mit seinen Witzen unterhält. Wie du schon gesagt hast Martin, er ist die Stimme von The Dead Daisies. John ist einer dieser "kick-ass" Rock-Sänger. Michael hält sich als Oldschool-Bassist lieber im Hintergrund auf, und zusammen mit Brian ist er eine Bank. David und ich rennen ohnehin die ganze Zeit auf der Bühne herum. Das Ganze präsentiert sich in dieser Besetzung aktiver.
MF: Du hast in vielen Bands gespielt, mit Lion, Bad Moon Rising, Whitesnake, Dio, Burning Rain, The Dead Daisies oder Hurricane...
Doug (lachend): ...oh, da kommt einiges zusammen.
MF: Welche dieser Truppen waren deine grösste Herausforderung?
Doug: Ich war jung, als ich mit der ersten Band begann und musste einiges lernen, wie man Songs schreibt oder sich auf der Bühne bewegt. Lion war meine erste Truppe (grinst stolz). Wir waren mit unserem ersten Album «Dangerous Attraction» (1987) sehr zufrieden und veröffentlichten 1988 die zweite Scheibe «Trouble In Angel City». Ich hatte einige Angebote in anderen Bands zu spielen, aber es dauerte seine Zeit, bis ich eines annahm und bei Dio einstieg. Aber eigentlich wollte ich immer meine Truppe am Leben erhalten. Das Line-up von Lion brach auseinander, weil Schlagzeuger Mark Edwards Engineer wurde. So kam ich zu Hurricane.
Es war eine seltsame Situation, da ich immer in meiner Band spielte. Lion war eines dieser Freundschaftsdinge, bei dem du alles gemeinsam teilst. Hurricane beizutreten war eine harte Prüfung für mich, da ich meinen Platz in der Band zuerst finden musste. Ich war jung und eigensinnig (grinst). Das war für mich sicherlich die grösste Herausforderung. Als ich bei Dio einstieg..., das war beeindruckend. Von der ersten Sekunde an fühlte ich mich zu Hause, angekommen bei meiner Familie. So wie bei The Dead Daisies. Es spielte keine Rolle, wer da kam und ging, es ist und war immer eine Familie.
"...Grossartige Sänger mit einem unglaublichen Ton in der Stimme..."
MF: Wo siehst du den Unterschied zwischen Ronnie James Dio und David Coverdale?
Doug: Ich fühle mich gesegnet, mit diesen beiden Top-Sängern zusammen gearbeitet zu haben. Dazu gehören aber auch der Lion-Sänger Karl Swan oder der Hurricane Sänger Kelly Hansen, genauso wie John und Glenn. Ich bin sehr glücklich. Ronnie war immer sehr fokussiert, und er wusste genau, wie etwas klingen sollte. Seine musikalische Ausrichtung war klar abgesteckt, und mit Experimenten hatte er seine Mühe. David war da völlig anders. Er wollte immer wieder etwas Neues ausprobieren, auch wenn wir mit ihm zu einem Heavy Blues Sound zurück kehrten. Er war immer für alles offen.
Hörte ich eine Melodie von einem Saxophon, versuchte ich, diese auf der Gitarre nachzuspielen. David war von solchen Dingen immer begeistert: "Hey, das klingt geil!" Mit Dio aufzunehmen war sehr einfach, da wir immer alles live eingespielt haben. Bei Whitesnake haben wir hingegen viel mit Overdubs experimentiert und am Schluss alles beibehalten, was den Sound ergänzte. David wollte immer mehr (lacht) und alles ausprobieren. Das war der grösste Unterschied. Auf der Bühne waren beide unglaubliche Frontmänner, genauso wie John und Glenn. Grossartige Sänger mit einem unglaublichen Ton in der Stimme. In der Persönlichkeit..., ich denke David war ein bisschen komplexer und hatte ein tiefes Inneres. Ronnie hat dir immer gesagt was er wollte, ohne Umschweife. Du wusstest immer was er mochte und was nicht (grinst). So einfach war es, und bezüglich des Songwritings habe ich bei David am meisten gelernt.
MF: Mit Lion, Bad Moon Rising oder Hurricane, warum hast du nie den grossen Durchbruch geschafft? Denn in meinen Augen hast du mit diesen Bands zeitlose Killer-Alben veröffentlicht.
Doug: Ja Martin, das denke ich auch. Bei Lion war es so, dass wir keine Ahnung vom Musikgeschäft hatten. Wir unterschrieben diesen Plattenvertrag ohne zu wissen, was damit verbunden war (lacht). Es war brutal und gab keinen Ausweg (lacht). Lass mich kurz etwas erklären. Es war in den Mitteachtzigern. Die L.A. Szene explodierte. Vorher gab es vielleicht Van Halen, aber dann übernahmen Mötley Crüe, Quiet Riot und Ratt das Szepter. Mit Poison und Guns n' Roses kamen weitere Bands dazu. Das war eher diese Sunset Strip Szene mit Faster Pussycats und all diesen Combos. Lion waren jedoch völlig anders und orientierten sich an den britischen Bands. Unsere Einflüsse waren Whitesnake oder Deep Purple. Karl Swan war ein riesiger Whitesnake Fan und animierte mich, die alten Alben der weissen Schlange anzuhören. Zudem schwärmte er von Status Quo und Slade, heisst all diesen Bands, von denen ich nie etwas gehört hatte (grinst). Auch Thin Lizzy übten einen grossen Einfluss auf Lion aus. Wir waren somit nicht eine dieser typischen L.A. Bands, sondern orientierten uns an anderen Vorbildern und waren nicht auf dieser Glam-Schiene, sprich zu heavy.
Auf der anderen Seite waren wir jedoch nicht hart genug und zu bluesig. Wir sassen in der Mitte, und das war für viele Leute verwirrend. Wir hatten einen Showcase für Don Arden (Manager von Black Sabbath) und Jet Records. Er war Sharon Osbournes Vater und meinte nach der Show: "Hört mal Jungs, ihr seid grossartig, aber nicht böse genug. Ihr müsst böser werden" (lacht). Wir waren eine Heavy Blues Rock Band (lacht) mit einigen kommerziellen Anleihen, waren aber nicht glam genug, um mit den zweifellos grossartigen Mötley Crüe mithalten zu können. So unterzeichneten Lion den Plattenvertrag bei Scotti Brothers. Leider hatten wir zu diesem Zeitpunkt keine anderen Angebote. Heute, wenn ich mit meinem Sohn sprechen würde, wäre meine Botschaft: "Unterschreibe keinesfalls so einen Scheissvertrag, tu das nie! Du wirst später einen Deal kriegen, nur keine Eile, lass dir Zeit dafür!" Hätte mir das damals nur jemand gesagt, als ich kurz vor meinem 20. Geburtstag stand (grinst). Die Zeit rennt niemandem davon. Schau mich an, wir sitzen noch immer zusammen und sprechen über Musik (lacht).
Aber seinerzeit waren wir jung, und das Label gab uns kein Geld, um auf Tour zu gehen. Nachdem sich Lion aufgelöst hatten, entstanden Bad Moon Rising..., heisst Karl und ich mit einer anderen Rhythmus-Gruppe. Zu der Zeit war Rock-Musik völlig aus der Mode gekommen, obwohl Europa und insbesondere Japan immer noch auf diese Sound standen. In den Staaten dominierte aber der Grunge die Szene, und je länger wir mit Bad Moon Rising arbeiteten, desto mehr schielten wir leider in diese Richtung. Das war jedoch nicht der Weg, den wir gehen wollten. So kam ich zu Dio und Whitesnake. Aber ja, all diese Platten, einschliesslich die von Hurricane, wurden veröffentlicht, als der grosse Wettbewerb im Gange war. Einige unserer Lieder wurden im Radio gespielt, und Lion waren auch oft auf MTV zu sehen. Doch damals gab es sehr viele Bands, die sich einen Platz an der Sonne suchten. Einige schafften es für eine gewisse Zeit an die Spitze, andere nicht.
MF: Doug, vielen Dank für das Interview…
Doug: …es war mir, wie immer, ein Vergnügen mein Freund. Schön, dich wieder zu sehen. Treffe ich dich im Z7?
MF: Mit Sicherheit!
Doug: Bring deine Familie mit, wenn du möchtest, und lass uns dort weiter plaudern. Wir werden uns auf jeden Fall wieder sehen. Bis dahin, und pass auf dich auf Bruder.
MF: Du auch, Bruder. Wir sehen uns im Z7, ich freue mich.
Doug: Das klingt sehr gut, und ich kann es kaum erwarten, danke dir für alles.