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"...Wenn du einen solchen Track komponierst, ist das so, als ob du einen Film ohne Bild kreierst..."
Rolf Kasparek ist sich bewusst, dass ihm das Songwriting nicht immer leicht von der Hand ging und somit zumindest ein Album für ihn ein eher schwieriges Unterfangen war. Dies war aber ganz sicher nicht beim neusten Streich «Blood On Blood» der Fall. Das 18. Album strotzt nur so vor tollen und abwechslungsreichen Liedern, und selbst die endlosen Diskussionen wer denn nun Angelo Sasso sei, hat der Pirat damit erschlagen, dass Michael Wolpers (ehemals Victory, ehemals Moon'Doc) das neue Werk eingetrommelt hat. Somit ist wieder alles klar in Port Royal und Kapitän Rock'n Rolf, ergänzt um seine Mannschaft reiten erneut den Sturm für Tod oder Ehre und gewähren dem letzten Mohikaner, wie auch William Kid Zuflucht auf der Schatzinsel mit einer Handvoll Dynamit. Rolf war einer der Wenigen, wenn nicht der Einzige, der selbst in der mit Grunge verseuchten Zeit erhobenen Hauptes die Piratenfahne hoch hielt und Erfolge feiern konnte, von denen andere nur träumen konnten. Dies, weil er immer seiner Vision folgte. Wie auch auf dem neusten Streich, bei dem er es erneut fertig bringt Songs zu komponieren, welche einen alleine durch die Melodie in den entsprechenden Charakter des Songs und des Textes versetzen.
MF: «Crossing The Blades» sollte ein Vorbote zu «Blood On Blood» sein. Es hat nun doch zwei Jahre gedauert, bis das Album erscheint. Wieso?
Rolf: Es gab ein paar Stolpersteine auf der Wegstrecke. Ende 2019 kriegte ich die Grippe. Die dauerte eine Woche mit tierischen Gliederschmerzen und Fieber. Als diese "Seuche" vorbei war, hatte ich mehrere Monate Probleme mit Asthma und den Nerven. Erst im Januar 2020 konnte ich wieder arbeiten. Heute könnte man den Verdacht dazu äussern, dass es COVID-19 war, da es 2019 ja die ersten Einzelfälle in Europa gab. Ich arbeitete an zwanzig Liedern, welche in den Pool zum Weiterverarbeiten kamen. Im Juli 2020 zog ich mir einen Leistenbruch zu (grinst). In der COVID-Zeit eine super Sache (lacht), da ich zwei Monate auf meine Operation warten durfte. Nach der OP dauerte es lange, bis ich wieder Gitarre spielen und singen konnte. Bis Januar 2021 wurde ich an der Weiterarbeit gehindert. Ende 2019 war klar, welche Tracks aufs Album kommen würden. Deswegen standen die zwei Bonuslieder für die «Crossing The Blades»-EP fest. Gott sei Dank wurde das Schlagzeug anfangs 2020 fertig eingespielt, vor dem ersten Lockdown. Das war unser grosses Glück, weil wir dies zusammen aufnehmen wollten und das dann nicht mehr ging. Eine Woche vor der Abgabe war ich mit dem Album fertig. Dann rief mich Olly Hahn von SPV an und meinte: "Pass auf, aus verschiedensten Gründen wollen wir den Release der Platte um zwei Monate verschieben". Somit hatte ich mehr Zeit und konnte noch an Kleinigkeiten feilen und damit alle Songs auf das Niveau anheben, auf dem sie nun sind. Das bedeutet die letzten fünf Prozent, die bei einigen noch fehlten, zu bearbeiten und jedem Track seinen eigenen Sound wie Charakter zu verleihen. Das war mir persönlich sehr wichtig, weil die Lieder extrem unterschiedlich sind. Ich war glücklich, dass ich diese Möglichkeit noch kriegte, denn das macht die Qualität der Platte aus.
MF: Dann war das Virus fast ein positiver Aspekt für dich?
Rolf: Wir hätten einige Festivals spielen sollen, die alle wegen COVID ausgefallen sind oder verschoben wurden. Da hätte ich die Arbeit am Album eh niedergelegt und mich auf die Konzerte, zusammen mit meinen Bandmitgliedern, vorbereitet. So hatte ich mehr Zeit am Album zu arbeiten. Bis auf diesen blöden Leistenbruch (lacht). Der war definitiv nicht geplant. Daraus ergab sich diese lange Entstehungsphase. Den Titelsong «Blood On Blood» schrieb ich, als ich beim Mischen zu «Rapid Foray» war (grinst).
MF: Nach welchem Strickmuster oder Masterplan hast du die Lieder komponiert?
Rolf: Den gibt es überhaupt nicht! Es gibt keine Formel, wie ich einen Song komponiere. Manchmal ist der Chorus als Erstes da, oder die Melodie. Bei «The Iron Times»…, die Idee zu diesem Track schlummerte schon lange in mir, aber die passende Melodie fehlte. Als ich am Album arbeitete, hatte ich diese eine Melodie im Kopf, die ich auf die Gitarre übertrug und feststellte, das war das fehlende Puzzleteil, um diese Traurigkeit und das Drama von diesem Lied darzustellen. Der Rest kam ziemlich schnell dazu. Es kann ein Chorus oder ein Titel sein, zu dem sich eine Melodie gesellt. Das ist sehr unterschiedlich, und aus diesem Grund sind die Titel auch so verschieden geworden.
MF: Wo von handelt «The Iron Times 1618 - 1648»?
Rolf: Vom 30-jährigen Krieg, wobei dies keine Abhandlung der Taten ist, was wann passierte. Es ging mir mehr darum zu beleuchten, wie sich die Leute dabei gefühlt haben und welche Auswirkung dieser Krieg auf sie hatte. In dieser Zeit zu leben, die so lange andauerte. Man konnte während dem Krieg geboren worden sein und gleichzeitig sterben. Man sah nie etwas anderes ausser diesen Krieg. Der wurde nur am Boden geführt und hat Europa praktisch verwüstet. Vor diesem Krieg gab es zwölf Millionen Deutsche, danach noch vier Millionen. Somit waren zwei Drittel tot. Das war katastrophal und nicht nur in Deutschland so.
MF: Wie wichtig ist es für dich, solche Themen in deinen Texten zu verarbeiten? War das bei dir immer so, wie bei «Little Big Horn» oder «Treasure Island»?
Rolf: Es ist eine Herausforderung, wenn du ein solches Thema aufgreifst, um die richtige Melodie und Musik zu finden, welche die Geschichte erzählen kann. So, dass sich der Hörer da auch reinversetzt fühlt. Wenn du einen solchen Track komponierst, ist das so, als ob du einen Film ohne Bild kreierst. Musik und Emotionen. Dies so hinzukriegen, ist nicht einfach. Wenn es aber gelingt wie bei «The Iron Times» oder auch beim von dir angesprochenen «Treasure Island», bei dem die Melodie schon alleine den Song oder dessen Inhalt erzählt, dann hast du gewonnen (grinst).
MF: Gibt es auch Themen, die du schon immer machen wolltest, aber noch nie die Zeit gefunden oder die passende Melodie dafür hattest?
Rolf: Es liegen immer irgendwelche Ideen herum, auch epische. Ein gutes Beispiel dafür ist «Last Of The Mohicans». Die Idee für diese Nummer hatte ich zur «Victory»-Scheibe (2000). Die Gitarrenmelodie von damals fand ich nicht passend. Daraus wurde letztendlich «The Hussar». Die Idee lag auf der Seite und hat danach für «Rapid Foray» bestens funktioniert. Wie gesagt, es liegen immer Grundideen herum (grinst).
MF: Etwas Neues und fast Ungewöhnliches für Running Wild hast du mit «One Night One Day» erschaffen. Wie kam es dazu?
Rolf: Die grundsätzliche Idee kam durch den Text. Der Song war ein musikalisches Experiment, da er kein Arrangement hat. Es gibt keinen Verse, keinen Chorus sowie keinen Pre-Chorus und besteht aus einem Teil, der sich immer wiederholt. Selbst der Gitarren-Part ist der gleiche. Nur, dass er unterschiedlich wirkt, durch die Gitarren und dem Gesang. Es war experimentell mit diesem balladesken Start, der sich in eine Hymne steigert und sich in drei Teile aufteilt. «One Night», die Dunkelheit, in der Mitte das Chaos mit dem Gitarrenteil, und wenn das Licht am Ende des Tunnels erscheint durch «One Day». Eine richtige Hymne zum Mitsingen und Grölen. Den Song kann man nicht als reine Weissagung sehen, sondern er behandelt die Situation, dass jeder der in seinem Leben schon mal in ein tiefes Tal gefallen ist, sich durchgekämpft hat, bis er das Licht am Ende des Tunnels sah.
MF: Um was geht es in den anderen Texten?
Rolf: Drei Songs handeln von den Musketieren, nämlich «Blood On Blood», «Crossing The Blades» und «The Iron Times». Das war genau die Epoche, in welcher die Musketiere auf der französischen Seite kämpften. Es gibt Titel zum Thema Weissagung, wie «Say Your Prayers» oder «One Night One Day» sowie die typischen Piraten-Themen mit «The Shellback» und «Diamonds And Pearls», ergänzt um die Party-Rocker mit «Wild Wild Night» und «Wild And Free». Das ist etwas Neues für Running Wild, das wir in der Form noch nicht hatten. So erhält die Scheibe verschiedene Facetten. Es ist ein Bündel an ähnlichen Themen vorhanden, aber kein roter Faden.
MF: Gibt es einen Song, der dir besonders am Herzen liegt?
Rolf: Bestimmt «The Iron Times», weil dies ein sehr emotionaler Song ist. Er handelt von einem unschönen Ereignis. Ich habe die Idee auf Pro-Tools aufgenommen, weggepackt und am anderen Tag daran weiter gearbeitet. Irgendwann wollte ich diese Ideen zusammenbauen und dachte schon, dass ich mindestens eine Woche dafür brauche. Nach ein paar Stunden war das Arrangement fertig (grinst). Das Lied hat sich wie von selbst geschrieben (lacht). Es hat sich ergeben, passte und funktionierte. Diese musikalische Achterbahnfahrt, welche den Krieg nicht nur durch die Worte, sondern auch durch die Musik erklärt.
MF: Wo siehst du selber die Unterschiede zwischen «Rapid Foray» und «Blood On Blood»?
Rolf: «Rapid Foray» war schon abwechslungsreicher durch verschiedene Elemente, als bei den Alben zuvor. Auch mit dem Instrumental («The Depth Of The Sea»). Bei «Blood On Blood» ging ich noch ein paar Schritte weiter und arbeitete mit noch mehr Facetten. «Rapid Foray» war auch das erste Album, das ich in meinem Studio aufgenommen habe. Jede Platte davor musste ich in anderen Aufnahmetempeln einspielen. Bei «Rapid Foray» musst ich das ganze System, wie ich aufnehmen muss, noch kennenlernen, während der Arbeit am Album. Das sollte man nicht tun (grinst), aber ich hatte keine andere Möglichkeit. Jetzt fand die dritte Produktion statt, und ich besass den Luxus, dass ich in einem mir bekannten Studio an «Blood On Blood» arbeiten und die Produktion machen konnte. Ich konzentrierte mich auf andere Dinge, statt mich immer zu fragen, wie dies denn nun funktioniert (grinst). Du kannst dich auf das "Was" und nicht auf das "Wie" fokussieren.
"...Die Ideen fallen mir zu, und heute ist es viel viel einfacher Songs zu schreiben..."
MF: Du hast unzählige Klassiker komponiert, wie schwer wird es neues Material zu schreiben?
Rolf: Witziger weise nicht mehr halb so schwer wie früher (lacht). In den achtziger und neunziger Jahren war das Songmaterial genau das, was ich hatte. Zwischendurch arbeitete ich an meinem Fun-Projekt Toxic Taste. Da schrieb ich innerhalb kürzester Zeit 80 Lieder, die mir einfach so zuflogen. Als ich mit Running Wild und «Shadowmaker» zurückkam bemerkte ich, dass sich eine Art Portal öffnete, woraus die Ideen auf mich einprasselten. Mittlerweile habe ich so viele Ideen, die ich gar nicht alle aufnehmen kann. Ein Stück wie «Blood On Blood» war in fünf Minuten geschrieben, während ich die «Rapid Foray» am Mischen war. Die Ideen fallen mir zu, und heute ist es viel viel einfacher Songs zu schreiben. Was abstrus ist, weil ich schon so viele schrieb, und darum müsste es eigentlich viel schwerer werden, weil man diverse Ideen schon verarbeitete.
MF: Wann hattest du das Gefühl, dass sich der typische Running Wild Sound gefestigt hatte?
Rolf (überlegt lange): Ich denke, das war mit «Death Or Glory». Die vorherigen Scheiben waren alle sehr unterschiedlich, auch vom Ansatz der Produktionen her und wie ich mit meinem Gesang umging. Bei der «Death Or Glory» war klar, worum sich alles drehen wird. Die Basis war vorhanden.
MF: Mit Michael, Ole und Peter scheint sich ein stabiles Line-up zu entwickeln. Wie wichtig ist dir, eine konstante Mannschaft an Bord zu haben?
Rolf: Das ist sehr wichtig. Im Studio ist Ole nicht beteiligt, da ich den Bass selber einspiele, aber Michael und Peter waren Bestandteile. Peter ist neben mir am längsten in der Band und seit sechzehn Jahren bei Running Wild. Ich verstehe mich mit allen super, obschon vier komplett unterschiedliche Charakteren an Bord sind. Es ergibt sich eine Chemie, wenn wir auf die Bühne gehen, die aus uns eine Band und nicht nur ein Soloprojekt mit Anhang macht. Jeder trägt seinen Teil zum Gelingen bei. Es fühlt sich gut an eine Mannschaft hinter sich zu wissen, bei der man weiss, dass alle am gleichen Strang ziehen. Das sind alles Profis und waren es schon immer. Jeder hat seine eigene Geschichte und Erfahrung mit der Musik gemacht. Ole war bei Thunderhead, Michael zuletzt bei Victory und hat bei unzähligen Alben als Studiomusiker ausgeholfen, bei denen man denkt, der Drummer der Band hat die Scheibe eingespielt (lacht). PJ ist schon so lange Musiker und Produzent, wie ich. Diese zusammengepackten Erfahrungen ergeben heute Running Wild (grinst).
MF: Wenn du «Blood On Blood» mit dem vor dreissig Jahren veröffentlichten Werk «Blazon Stone» vergleichst, wo siehst du die Unterschiede?
Rolf: Das ist schwer zu sagen. Die neue Platte ist nicht mehr so schnell wie «Blazon Stone». Es klingt alles geschliffener, was klar ist, da dreissig Jahre Erfahrung mit Songwriting dazwischen liegen. Bei «Blazon Stone» arbeitete ich noch nicht so mit dem Chören, wie ich es seit einiger Zeit mache. Die stilistischen Elemente, welche heute zu Running Wild gehören, haben sich seit der «Blazon Stone» gewaltig verändert. Das war damals eine knallharte Metal-Scheibe und der Stil, den wir von der «Death Or Glory» weiter getragen haben. Auch wenn die beiden Platten nicht vergleichbar sind.
MF: Bei «Blazon Stone» wurden nicht alle Tracks von dir komponiert. Würdest du das Songwriting heute mit anderen Bandmitgliedern teilen?
Rolf: Nein, denn Running Wild ist ein Solo-Projekt mit angestellten Musikern, wobei ich für das Songwriting verantwortlich bin.
MF: Wird es eine Tour zum Album geben?
Rolf: Nein, wie ich vorhin schon sagte, waren 2020 Festivalauftritte geplant. Die wurden zuerst auf 2021 und nun auf 2022 verschoben. Ob wir diese spielen können, wissen wir noch nicht. Fans kommen von der ganzen Welt, wie auch die Bands zu einer solchen Veranstaltung. Ich könnte mir vorstellen, dass dies mit all den Sicherheitsmassnahmen ein bisschen schwierig wird. Ich nahm noch keine weiteren Angebote an, weil wir abwarten wollen, dass grünes Licht vorhanden ist und wir diese Shows spielen können. Ich wollte den Fans auch kein Hickhack antun, spielen Running Wild nun oder nicht. Das ist Blödsinn, bringt niemandem was und kostet nur Geld wegen der Werbung. Wir warten ab was passiert und hoffen, dass wir 2022 wieder auftreten können. Ob ein Konzept für ein grosses Festivals hinzukriegen ist…, da bin ich eher skeptisch. Finden diese Shows nicht statt, werde ich sicher am nächsten Album arbeiten, denn den Titelsong für das kommende Werk habe ich beim Mischen von «Blood On Blood» bereits geschrieben (lacht). Der ist mir zugefallen (lacht). Ich kann nichts dafür, der kam angeflogen.
"...Wir wurden immer erfolgreicher. Das verstanden viele Bands nicht, aber wir feierten grössere Erfolge..."
MF: Du bist damals in der vom Grunge verseuchten Zeit als einer der ganz Wenigen konsequent deinen Weg gegangen und hast mit «Pile Of Skulls», «Black Hand Inn», «Masquerade» und «The Rivalry» weitere Klassiker veröffentlicht. Wie schwer war für dich diese Zeit, in der der Metal tot geschrieben wurde?
Rolf: Das war witzigerweise für Running Wild überhaupt kein Problem, sondern (lautes Lachen)…, wir wurden immer erfolgreicher. Das verstanden viele Bands nicht, aber wir feierten grössere Erfolge, und immer mehr Zuschauer besuchten unsere Gigs. Da nahmen wir, wieso auch immer, einen Sonderstatus ein. Grunge hat uns überhaupt nicht betroffen. Das lag in erster Linie an unseren treuen wie loyalen Fans, aber sicher auch an der Stilistik und dass viele Leute Running Wild hörten, die nicht unbedingt Metal-Fans waren. Die sahen sich AC/DC, aber auch Running Wild an. Als alle geheult haben dass sie keine Platten mehr verkaufen…, dieser Krug ging an uns vorbei. Ich verstehe bis heute nicht wieso, aber es war glücklicherweise so.
MF: Rückblickend, welches Album war für dich die schwierigste Geburt?
Rolf: Puhh…, ich würde sagen, das muss die «Branded And Exiled» (1985) gewesen sein. Preacher (Gitarre) und ich haben uns für das Debüt «Gates To Purgatory» das Songwriting geteilt. Als Preacher ausstieg, stand ich vor dem Problem, dass ich das Folgealbum alleine komponieren musste (lacht). Damals ging mir das Schreiben nicht so leicht von der Hand (grinst) und mir die Ideen nicht zuflogen. Es war eine harte Zeit in der ich regelrecht darum kämpfen musste, die Platte in trockene Tücher zu kriegen. Stephan (Bass) schrieb einen Track, damit wir die Scheibe vollkriegten. Es war nicht einfach, eine Umstellung und eine harte Schule, die mich darauf vorbereitete, dass ich dies für die weiteren Alben durchgezogen habe. Running Wild haben immer funktioniert, und wir hatten das Glück, dass die Band immer sehr gute Verkäufe erzielte.
MF: Trotzdem hast du die Band kurzzeitig aufgelöst. Was war der Grund dafür?
Rolf: Die «Rogues En Vogue» war die letzte Scheibe, um den Vertrag mit der BMG zu erfüllen. Da tat ich mich sehr, sehr schwer mit dem Songwriting, noch schwerer als sonst (grinst). Nach der Tour 2005 war für mich klar, dass ich nicht nur eine Auszeit benötige, sondern die Truppe zu Grabe tragen musste. Dieser Weg war vorerst zu Ende. 2009 spielten wir die Abschiedsshow, welche die Pause von 2005 bis 2012 unterbrach. Ich hatte definitiv den Spass an Running Wild verloren. Ich musste etwas Neues machen, und daraus ergaben sich Toxic Trace, die eine völlig lockere Erfahrung waren, weil keine Erwartungen dahinter steckten. Keine Plattenfirma und kein Druck. Die Truppe war kommerziell gesehen kein Erfolg, aber es brachte mir dieses erwähnte Portal an Ideen ein. Mehrere Plattenfirmen traten auf mich zu, da der komplette Modern Music Back-Katalog von Running Wild nicht mehr erhältlich war. Es gab die Idee, eine Doppel-CD mit alten Running Wild Klassikern zu veröffentlichen, die neu aufgenommen werden sollten. Daraus entstand die Verbindung mit Olly Hahn und SPV. Er fand die Idee interessant, war aber der Meinung, dass wir einen Bonustrack benötigen. Etwas, das noch nicht veröffentlicht war. Als ich diesen Bonussong schrieb, fiel mir auf, dass mir das Komponieren unheimlich leicht von der Hand ging. Dies führte letztendlich zu «Shadowmaker». Ich rief Olly an und sagte: "Vergiss das mit den Neuaufnahmen, wie wärs mit einem neuen Album?" (lacht). Das war der Startpunkt, weil es sich wieder gut anfühlte, im Vergleich zu der Platte, als ich Running Wild zu Grabe trug.
MF: Hast du jemals einen so grossen Druck verspürt, dass dir das Schrieben schwer gefallen ist, wie bei «The Brotherhood» oder «Rogues En Vogue»?
Rolf: Bei «The Brotherhood» fiel es mir lange nicht so schwer wie bei «Rogues En Vogue». Da musste ich mir die Ideen aus dem Kopf pressen, weil es diesen Plattenvertrag zu erfüllen gab. Sonst hätte ich diesen in meinem Nacken gehabt, und das wollte ich nicht, weil ich mit der Firma nicht wirklich zufrieden war. Ich wollte ihn beenden. Das war ein «Muss-ich-machen»-Ding. Dies kennt man auch von anderen Combos (grinst). Ich versuchte mein Bestes zu geben, und das habe ich mit den damaligen Möglichkeiten getan.
MF: Ich danke dir für die Zeit und wünsche dir weiterhin viele tolle Ideen, Konzerte und keine Leistenbrüche mehr…
Rolf (lachend): …kein Problem, ich danke dir.