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"...Du hängst also in einem Tourbus fest, der niemals stoppt, nicht für Snacks, nicht für eine richtige Toilette, nicht um die Beine zu vertreten..."
Wie die meisten Künstler während der Corona Pandemie, war es auch um Halestorm nach ihrem 2018er Album «Vicious» eher ruhig geworden. Dass ihr brandneues Album «Back From The Dead» heisst, deutet darauf hin, dass sich die Band heimlich aus dem Staub gemacht hat. Dem scheint aber offensichtlich nicht so zu sein. Wir durften uns mit Drummer und Bruder von Frontfrau Lizzy, Arejay Hale darüber unterhalten, wie es sich anfühlt, von den Toten aufzuerstehen und was wir vom Leben danach erwarten dürfen.
MF: Der neue Album Titel verwirrt mich ein bisschen. Wann sind Halestorm denn gestorben?
Arejay: Wir hatten unglaublich lange, bis wir uns auf einen passenden Albumtitel einigen konnten und endlose Listen von Vorschlägen, aber «Back From The Dead» stand plötzlich im Raum, und das passte sofort. Es war auch der erste Song auf dem neuen Album, welcher den Ton vorgegeben hatte. Es passt halt auch für diese ganze merkwürdige Zeit, die wir in den letzten zwei Jahren alle durchgemacht haben. Seit wir 2009 gestartet sind, steckten wir permanent im "Album-Touring-Zyklus" drin. Durch die Pandemie wurden wir dann zum ersten Mal gestoppt. Plötzlich waren wir gefangen im normalen Leben, und das mussten wir alle erstmals verdauen. Ich zum beispiel mache Musik, seit ich zehn Jahre alt bin, ich kenne es nicht anders.
MF: Jetzt, wo ihr ja «Back From The Dead» seid, kannst du uns ja erzählen, wie es im Rock'n'Roll Afterlife zu und her geht?!
Arejay: Wir haben es nie ins volle Afterlife geschafft, heisst wir sind im Fegefeuer hängen geblieben und lass mich nun erzählen, wie das dort aussieht. Es ist so, als würdest du eine Show spielen und das nächste Konzert ist soweit weg, dass du den Tourbus nirgends mehr für einen Day-Off parken kannst sondern permanent am Reisen bist. Du hängst also in einem Tourbus fest, der niemals stoppt, nicht für Snacks, nicht für eine richtige Toilette, nicht um die Beine zu vertreten. So sieht in etwa das Fegefeuer des Rock'n'Rolls aus, aber ich hab dort ein paar Szene-Helden getroffen (lacht)
"...Das war eventuell sogar ein Segen, und wer weiss, wie das Album klingen würde, wenn wir es wie geplant hätten produzieren müssen..."
MF: Wieviel haben euch die letzten beiden Jahre planungstechnisch aus der Bahn geworfen?
Arejay: Wir hatten unglaubliches Glück, und mir tun all die Bands leid, die Anfang 2020 neue Musik veröffentlicht haben und nicht touren durften. Das ist das Schlimmste, was passieren kann. Wir konnten unsere Tour zum letzten Album «Vicious» Ende 2019 abschliessen und mussten nur eine kleine Tour im April verschieben. Die Veröffentlichung des neuen Albums wurde bloss konstant nach hinten geschoben, was uns mehr Zeit zum Schreiben und Komponieren gab. Das war eventuell sogar ein Segen, und wer weiss, wie das Album klingen würde, wenn wir es wie geplant hätten produzieren müssen. Als wir endlich ins Studio durften, waren wir so hungrig, dass es das Beste aus uns heraus geholt hat, und das hörst du auf der neuen Scheibe. Es ist wohl das aggressivste Werk geworden, das wir bisher je gemacht haben.
MF: Das klingt ähnlich, als hättest du seit zwei Jahren keinen Sex mehr gehabt und darfst endlich wieder ran.
Arejay: (lacht laut und kriegt sich fast nicht mehr ein): etwa so...
MF: Was sind die Hauptthemen, die ihr auf «Back From The Dead» verarbeitet? Der Song «Terrible Things» zum Beispiel besitzt eine unglaubliche Tiefe.
Arejay: Dieser Song kam im letzten Moment dazu, wurde von unserem Produzenten Scott Stevens geschrieben und war so dunkel wie schwer. Wenn dir sowas passiert, wie jetzt die letzten zwei Jahren, realisierst du, was du täglich als selbstverständlich anschaust. Wir hatten uns immer gesagt, wir gehen gerne auf Tour und dann darfst du das plötzlich nicht mehr. Das war immer unser Beruf. Wir mussten unseren Erfolg immer hart erarbeiten, und es hat uns erschreckt nicht zu wissen, ob wir unseren Beruf jemals wieder ausüben dürfen.
MF: Wie würdest du die Wichtigkeit des neuen Albums im Vergleich zu euren anderen Alben stellen?
Arejay: Aus sehr egoistischem Blickwinkel würde ich es als unser bisher bestes Album bezeichnen. Der Grund dafür ist, dass ich zum ersten Mal richtig herausgefordert wurde. Auf den anderen Alben gab es immer Kompromisse, was mein Schlagzeugspiel betraf. Auf dem neuen Album bekam ich nun den Freiraum, ausserhalb von simplen Vorgaben spielen zu können. Wir haben soviel ausprobiert und unsere Produzenten haben uns auf ein Maximum hochgepusht. Es hat mich zu einem besseren Allround-Musiker gemacht.
MF: Du bist bekannt für dein Schlagzeugspiel und dass du live immer wieder neues ausprobierst, wie zum Beispiel ein Drum-Solo mit Baseballschlägern. Was hast du für die bevorstehende Tour geplant?
Arejay: Erstens, ich hasse es Videos von mir zu sehen, es ist peinlich für mich, und zweitens werden wir definitiv unsere ganze Bühnenproduktion hochfahren, heisst wir wollen das Beste nicht aufsparen. Wer weiss schon, was da noch alles passiert. Es wird auf jeden Fall ein paar witzige Elemente drin haben, und am Ende des Tages sind es aber nur wir vier, die du auf der Bühne zu sehen bekommst.