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"...Wir wollen für unsere Fans spielen und sie nicht mit einer Absage enttäuschen..."
EvilDead gehören zur dritten Generation der Thrash Metal Bands aus den Staaten. Wer nun denkt, dass die Bandmitglieder sich einem Trend anschliessen wollten, sieht sich getäuscht. Denn mit Mainman Juan Garcia griff einer in die Gitarren-Saiten, der den Thrash Metal von Anfang an nachhaltig geprägt hatte. Zuerst mit den gottesgleichen Abattoir und dann mit Agent Steel, die zusammen mit Anthrax sowie Overkill auf der ersten "Metal Hammer Roadshow" die europäischen Konzerthallen unsicher machten. EvilDead hatten mit ihrem Debüt-Album «Annihilation Of Civilization» einen kleinen Hit im Ärmel, der, bedingt durch die Stimme von Phil Flores sowie den beiden Gitarristen Juan und Albert Gonzales, für Aufsehen sorgte. Zu der Zeit (1989) waren die Karten im Thrash Metal bereits gemischt, und an den ganz Grossen kam niemand mehr vorbei.
Auch mit dem zweiten Streich «The Underworld» (1991) konnte der Erfolg nicht ausgebaut werden. Dies lag jedoch am aufkeimenden Grunge, der vielen das Leben schwer machte. Nach der Auflösung der Band 1995 und einem kurzzeitigen Comeback steht der Fünfer seit 2016 wieder mit beiden Füssen im Musik-Business. Ur-Schlagzeuger Rob Alaniz gehört ebenso zur Truppe wie der ehemalige Agent Steel Bassist Karlos Medina. Mit dem 2020 veröffentlichten dritten Album «United States Of Anarchy» und dem Vorboten «Bathe In Fire» für das kommende Werk gingen die Amis auf Tour und beglückten auch die Musigburg in Aarburg. Vor dem Gig hatte ich die Möglichkeit, mich mit Juan und Rob über das Hier und Jetzt sowie die Vergangenheit zu unterhalten.
MF: Wieso hat es so lange gedauert, bis ihr wieder den Weg nach Europa gefunden und uns mit euren Shows verwöhnt habt? Das letzte Mal müsste um 2010 herum gewesen sein.
Juan: Eigentlich wollten wir 2020 zurück kommen, aber Covid hat uns da einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Davor arbeiteten wir an neuem Material, das einige Zeit benötigte, bis alles im Kasten war.
Rob: Ja, das ist der Hauptgrund. Wir scheiterten am Virus, das nicht nur für uns vieles unmöglich machte.
MF: Ist es für eine Band aus den USA schwieriger geworden, in Europa zu spielen?
Juan: Am Ende des Tages ist es eine grossartige Sache, bei euch zu spielen. Wir möchten auch gerne wieder zurück kommen. Aktuell arbeiten wir an einem neuen Album, das dann wieder vorgestellt werden soll, und so hoffen wir, dass wir nächstes Jahr wieder für euch spielen dürfen. Es fühlt sich grossartig an, dass die alten Fans uns noch immer sehen wollen, aber auch viele junge Leute sich mit EvilDead auseinander setzen. In den Staaten werden wir eher von einem jüngeren Publikum unterstützt. Gestern haben wir in Tschechien beim "Brutal Assault" Festival gespielt.
MF: Habt ihr darüber nachgedacht eure Konzerte abzusagen, wie es aktuell einige Bands aus den USA machen?
Rob: Ganz ehrlich, ja, diesen Gedanken hatten wir auch.
Juan: Wenn wir kein Geld verlieren würden, dann wollten wir die Konzerte unbedingt spielen. Wir wollen für unsere Fans spielen und sie nicht mit einer Absage enttäuschen.
Rob: Wir wollten auch unser letztes Album bewerben.
Juan: Genau, es gab viele gute Gründe, die uns davon abgehalten haben, die Tour abzusagen. Mit zwölf Shows sollte das kein Problem sein. Wenn du jedoch nur das Finanzielle betrachtest, dann hätten wir uns vielleicht für eine Absage entscheiden müssen. 90 Prozent der Bands hätten das wahrscheinlich auch getan.
MF: Wie gross ist für euch heute noch der Spassfaktor mit der Musik, wenn man mit Tonträgern kaum mehr Geld verdienen kann und das Touren auch teurer geworden ist?
Juan: Ich habe noch immer sehr viel Spass. Kreativ zu sein ist eine wundervolle Sache. Das verleiht mir einen positiven Antrieb, und Kreativität ist gut für die Psyche.
MF: Wenn wir schon bei der Kreativität sind, wer hatte die Idee für euren alten Mann, der sich als Maskottchen auf den Covern in vielen Rollen präsentieren kann?
Juan (beide lachen): Martin, das ist eine gute Frage...
Rob (lacht immer noch): ...ich glaube...
Juan: ...du hattest doch die Idee, zusammen mit einem Freund?
Rob: Ja, Bob!
Juan: Das Ganze basiert auf einem Cartoon-Charakter. Wir wollten eine Zusammenarbeit für das erste Cover und die Figur ein bisschen verändern...
MF: ...und hättet damit genauso viel Geld verdienen können wie Iron Maiden mit Eddie...
Rob: ...was für eine tolle Idee...
Juan: ...er kann in alle möglichen Charaktere schlüpfen, und ich denke, die Fans mögen ihn auch. Mal schauen, wie er sich für das kommende Album verändert (lacht).
"...Keine Ahnung, warum das nicht mehr funktioniert hat. Vielleicht rannten wir auch nur einem Wunsch hinterher..."
MF: Gehen wir ein bisschen zurück in die Vergangenheit. Wieso haben Abattoir damals nicht überlebt? Immerhin wurden mit «Vicious Attack (1985) und «The Only Safe Place (1986) zwei grossartige Alben veröffentlicht.
Juan: Oh Martin, das ist auch eine gute Frage. Ich würde sagen…, es gab kreative Differenzen. Das war sicherlich der Hauptgrund. Ohne Zweifel lag es auch an der Katastrophe, wie die Tour lief. In dieser Zeit wolltest du nur spielen, Fans treffen und deine Veröffentlichungen mit Shows unterstützen. Die Band befand sich an Bord und wollte sich entwickeln. 2009 spielten wir am "Keep It True" und am "Brutal Assault". Keine Ahnung, warum das nicht mehr funktioniert hat. Vielleicht rannten wir auch nur einem Wunsch hinterher? Ich mag die ersten Scheiben. Mit EvilDead haben wir in der Vergangenheit «Screams From The Grave» gespielt und ein Motörhead-Cover. Rob und ich haben darüber gesprochen, dies wieder zu tun.
MF: Nach Abattoir hast du Agent Steel gegründet. Was hat sich für dich von Abattoir hin zu Agent Steel verändert?
Juan: Als ich bei Abattoir war, wollte ich immer nur in einer Band spielen. Bei den Gruppen mit dem grössten Erfolg hat sich das Line-up kaum verändert. Wie bei Slayer, da sind die Jungs zusammen durch dick und dünn gegangen oder Metallica, bei denen es nur kleine Veränderungen gab. Mit Abattoir hatten wir kaum die Gelegenheit, Konzerte zu spielen. Ich war jung und begriff nicht, dass wir nicht auftreten konnten, und wollte dies ändern. Das war für mich der Hauptgrund, warum ich Abattoir verliess. Als ich die Möglichkeit bekam, mit Agent Steel zu starten, merkte ich, dass sie hungriger waren und die gleichen Ziele verfolgten.
MF: Du hast zusammen mit Anthrax und Overkill die "Metal Hammer Roadshows" gespielt. Welche Erinnerungen hast du an diese Konzerte?
Juan: Ich weiss noch, dass Anthrax alle Gigs als Headliner bestritten. Bis auf einen, und das war derjenige in der Schweiz (grinst). Da hat uns der Veranstalter gebeten, als Letzte auf die Bühne zu gehen (grinst noch immer). Ich denke, wir waren bei euch eine Spur beliebter (lacht), aber schreib das bloss nicht (lacht). Ich war wirklich sehr überrascht. Es war eine grossartige Tour, und wir hatten sehr viel Spass. Die Typen von Anthrax waren echt verrückt. Bobby (Sänger von Overkill) und die anderen Jungs waren cool. Zusammen mit Bobby und Rat Skates die Tour zu verbringen, war einzigartig. Die guten alten Tage (lacht).
MF: Nach zwei fantastischen Alben hast du Agent Steel verlassen und EvilDead gegründet. Wieso?
Juan: Agent Steel hatten sich auseinander gelebt. Ein Musiker (Mel Sanchez) von Abattoir wollte eine neue Band gründen. Rob war zu der Zeit noch bei Abattoir…
Rob: …als Drum-Techniker.
Juan: Es gab einige Dinge nach der "Unstoppable Force" Session, die mich dazu veranlassten weiter zu gehen. Ich strebte eine härtere Richtung an. Nicht, dass ich unzufrieden war mit der Ausrichtung von Agent Steel, aber ich wollte wieder zu meinen Wurzeln zurück kehren, die ich mit Abattoir ausleben konnte.
MF: Wie erfolgreich war dann das Debüt «Annihilation Of Civilization» (1989) für euch?
Juan: Ich denke, dass es eine einzigartige Veröffentlichung war. Wir unterschrieben bei SPV in den Staaten, aber sie fielen auseinander, und das wurde zum Problem für uns. Zu der Zeit hätten wir besser bei Roadrunner oder Roadracer unterschrieben, die in den USA bedeutend grösser waren. Steamhammer hat uns bei unserem Comeback unterstützt. Darüber sind wir sehr glücklich, denn sie sorgten damals für die Veröffentlichung in Europa. Der Ableger in den Staaten war aber ein anderer Vertrieb.
MF: Wie schwer war es für euch, den Nachfolger zu komponieren?
Rob: Das war nicht so einfach…
Juan: …Rob und Albert haben die Band verlassen, und da lag die ganze Last umgehend auf meinen Schultern. Steamhammer wollten einen Nachfolger. Es war keine einfache Zeit für mich. Ich habe die beiden vermisst, und darum bin ich sehr glücklich, dass ich beide wieder in der Band habe (lacht).
MF: Warum habt ihr euch 1995 aufgelöst?
Juan: Es lag am Grunge, und in Amerika war das ein grosses Problem, aber nicht, wenn man ein Grunge-Musiker war (lacht). Viele Bands haben diese Zeit damals nicht überlebt, ausser wenn sie aus Europa kamen, wie Kreator oder Destruction. Ich denke, den europäischen Bands hat der Grunge weniger geschadet.
MF: Trotzdem haben jedoch einige Bands ihren erfolgreichen Sound damals verändert, um dann Jahre später wieder die Musik zu spielen, mit der sie beliebt wurden.
Juan: Ja, genau…
Rob: …sie mussten auch überleben!
Juan: Auch wir brauchten diese Pause. Wir sind zwischen 2008 und 2012 zurück gekommen und haben 2010 das "Thrash De Mayo" Festival gespielt. Die Leute wollten eine Veranstaltung in Los Angeles organisieren.
Rob: Viele junge Leute wollten dieses Thrash-Revival erleben und sehen, welche Bands damals am Start waren.
Juan: Es war grossartig für uns, weil diese all unsere Alben kannten.
MF: Was sind eure heutigen Ziele im Vergleich zu damals?
Rob: Wir möchten weiterhin Musik spielen.
Juan: Im Moment arbeiten wir an einem neuen Album, und vier Lieder sind bereits fertig. Am 28. Juli wurde «Bath In Fire» als digitale Single veröffentlicht, und diesen neuen Song werden wir auch heute Abend spielen. Wir versuchen uns immer weiter zu verbessern und unsere Shows sollen noch besser werden, sprich wir möchten immer unser Bestes geben.
MF: Was war eure schwierigste Zeit?
Juan: Definitiv nach der ersten Trennung, bevor «The Underworld» veröffentlicht wurde. Wir waren eine junge und wilde Truppe. Zu dieser Zeit hätte ich mir gewünscht, einen Manager an unserer Seite zu wissen.
Rob: Aber man lernt aus der Vergangenheit, deshalb können wir sagen, dass aktuell unsere beste Zeit ist.
Juan: Diese Tour ist sehr erfolgreich, und wenn ich sehe, dass wir auf dem "Wacken Open Air" spielen können, fühlt sich das grossartig an.
Rob: Aber es waren auch die vielen Club-Shows dabei, die wir genossen haben…
Juan: …und all unsere Fans zu sehen. Seit einiger Zeit sind Bands aus San Francisco wieder sehr beliebt, deshalb denke ich, dass die Zukunft es gut mit uns meint.
Rob: Es gibt ein neues Publikum für uns…
Juan: …aber auch für Exodus, Death Angel oder Testament. Dieses klassische Thrash Metal Ding ist gerade wieder sehr populär.
MF: Dann wünsche ich euch noch viele erfolgreiche Momente und alles Gute für die Zukunft.
Rob und Juan: Danke dir für deine Zeit, die Unterstützung und das Gespräch.
Rob: Das hat echt Spass gemacht.
Juan: Ja, es war ein Vergnügen, mit dir zu sprechen! Danke dir für alles.