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"...Ich kann nicht verstehen, wie man eine gute Ballade schreiben kann. Für mich ist es sehr hart, einen langsamen Track entstehen zu lassen..."
Seit über zwanzig Jahren sind die schwedischen Eclipse unterwegs und haben bis anhin sieben Studio-Alben veröffentlicht. Was sich leise als neuer Hoffnungsträger in Sachen melodischer Hard Rock mit keltischen Einflüssen (Gary Moore) entpuppte, lässt seit ein paar Jahren die Konzerthallen förmlich explodieren. Dies liegt insbesondere an Bandmaster Erik Mårtensson, der neben seiner Hauptband auch immer wieder mit anderen Truppen auf sich aufmerksam machte. Zum Beispiel Ammunition, W.E.T. oder Nordic Union mit Ronnie Atkins (Pretty Maids). Im Augenblick liegt das Hauptaugenmerk aber wieder auf Eclipse und dem neuen Werk «Wired». Eine Scheibe, die nahtlos an seinen Vorgänger «Paradigm» anknüpft, aber vielleicht eine Spur härter aus den Boxen knallt. Nach wie vor sind es die gewaltigen Chöre und die coolen Rocktracks, welche dank Erik, Gitarrist Magnus Henriksson, Philip (Drums) und Victor Crusner (Bass) mit viel Spielfreude vorgetragen werden. Ist «Wired» nun der neue Stern am Rock-Firmament?
MF: Wie einfach oder schwierig war das Songwriting für «Wired»?
Erik: Es war so einfach oder so schwierig wir immer (grinst). Bei einigen Tracks waren wir im Flow, und einige schienen nie fertig zu werden. Wir hatten zwei Songs in einem Tag fertig, und auf der anderen Seite benötigten wir zwei Wochen für ein Stück. So ist eben das Songschreiben, ein harter Prozess, um Teile zusammen zu formen. Ich denke, dass das neue Werk mit mehr Energie versehen ist. Es war ein richtiges Teamwork. Wir haben zusammen sehr hart gearbeitet. Dies unterscheidet «Wired» von den anderen Alben. Da waren es Magnus und ich, welche die Tracks komponierten. Victor ist der jüngere Bruder von unserem Trommler (lacht). Es war wirklich was Neues, da sich speziell auch Victor stark beim Schreiben einbrachte. Das hat sich sehr gut angefühlt. Der Vibe in der Truppe, seit Victors Einstieg, ist sehr gut. Das hat beim Komponieren alles viel einfacher gemacht.
MF: War das Virus beim Schreiben eher ein Segen oder ein Fluch?
Erik: Ohh…, schwierige Frage…, das Gute war, dass es uns mehr Zeit verlieh. Es ist wirklich schwierig zu sagen..., aber aus diesem Grund war es eher ein Segen. Wir wollten kein Werk veröffentlichen, welches unter Druck entstand, sondern eines, das voller Energie ist. Etwas, auf das wir alle schon so lange warten. Ein Album, das du dir anhören kannst und du sofort an eine gute Zeit denkst. Dich auf das Konzert freust oder mit deinen Freunden ein Bier trinkst und einen tollen Abend verbringst. Es sollte eine Rock-Scheibe werden, auf welche die Leute schon lange warten, und ich hoffe, es ist uns gelungen, dies umzusetzen (grinst).
MF: Als ich mir den ersten Track «Roses On Your Grave» anhörte, dachte ich an einen eher traurigen, wütenden Song. Dieser entpuppte sich dann aber als richtig fröhlicher Song. Wie bist du auf die Idee gekommen, einen eher düsteren Titel mit einem Happy-Lied zu verbinden?
Erik (lachend): Ja…, der Chorus wurde auf der Rhythmusgitarre komponiert. Frag mich nicht wie es gekommen ist, aber es waren diese Wörter, die im Chorus waren, als wir den Track zum ersten Mal schrieben. Der Vers klingt negativ, aber die Grundmelodie basierte auf einem positiven Song. Den Text schreiben wir um das musikalische Gerüst herum. Der Song handelt nicht vom Tod, sondern von einer toten Beziehung. Wir hatten ein Stück auf dem vorherigen Album, «Viva La Victoria». Das war das Gleiche. Die Wörter kamen hoch, als wir den Song schrieben. Der Wörter und die Melodie machten zusammen Sinn. Wieso sollten wir sie wieder trennen? Ab und zu ergeben solche Dinge die nicht zusammen passen einfach Sinn (lacht).
MF: Ist «We Didn't Come To Lose» euer «We Will Rock You»…
Erik: …ich denke schon (grinst). Ja, der Vibe passt, du hast absolut recht. Eigentlich ist es ein "stupid song". Ich schrieb den Track zusammen mit einem Freund, nach einem Abendessen. Wir hatten schon einige Biere getrunken (grinst). Durch den Tag arbeiteten wir schon an anderem Material. Wir hatten dieses einfache Gitarrenriff. Das passiert, wenn man zusammen eine gute Zeit verbringt (lacht). Das ist einer dieser Tracks, den du liebst oder hasst (grinst).
MF: Gibt es einen Song, den du mehr als die anderen magst, weil du zu ihm eine spezielle Verbindung hast?
Erik: Nicht wirklich und aus dem einfachen Grund, weil ich meinen Augen so viele grossartige Lieder auf dem Album stehen. Ich mag die Ballade «Carved In Stone» sehr. Die Entstehungsgeschichte war sehr natürlich. Das Stück handelt davon, dass wir alle den gleichen Weg gehen, sterben und die Namen dann in einen Grabstein gemeisselt werden. Ich mag auch «Run For Cover». Auf diesem Track ist speziell Magnus' Gitarrenspiel fantastisch.
MF: Was magst du mehr, einen Rock-Song oder eine Ballade zu schreiben?
Erik: Ich sage immer dass ich es hasse, eine Ballade zu komponieren (lacht). Ich kann nicht verstehen, wie man eine gute Ballade schreiben kann. Für mich ist es sehr hart, einen langsamen Track entstehen zu lassen. Ab und zu fühlt es sich gut an. Darum ist es für mich um einiges leichter, einen Rock-Song zu schreiben.
MF: Welche Bands haben dich beeinflusst?
Erik: Ohh…, all die Classic Rock Truppen, welche ich höre, seit ich ein Kind war. Diese sind in meiner DNA! Auch der 70iger-Rock. Ich höre mir aber auch Black Metal an und wurde durch anderes Genres inspiriert. Von Indie-Pop bis hin zu Folk-Musik. Im Hard Rock hört man viele solcher Elemente heraus.
MF: Eclipse existieren nun schon 22 Jahre, wie schnell ging diese Zeit für dich vorbei?
Erik: Als wir das ersten Album «The Truth And A Little More» 1991 veröffentlichten, war ich ein Kind das keine Ahnung hatte was es tat. Wir waren sehr schlecht in dem, was wir taten. War es das Songwriting oder mein Gesang. Ich höre mir heute dieses Werk kaum noch an. Wir haben uns selber aufgenommen und gemischt. Darum klingen die Lieder wie sie klingen (grinst). Wir hatten nie einen Produzenten an unserer Seite, aber wir lernten vieles in den vergangenen Jahren. Ich denke erst seit 2012 mit «Bleed And Scream» kamen wir unserem Stil nahe und dem, was wir tun wollten. Es war die erste Scheibe, die wirklich wie Eclipse klang. Ab diesem Zeitpunkt waren wir mit unserem Sound zufrieden, da wir nicht mehr wie eine Local Band klangen (lacht).
"...Wir bekamen keine Gigs, kein Label wollte mit uns zusammen arbeiten, und niemand interessierte sich für uns..."
MF: Was war für dich die schwierigste Sache, eine Band am Leben zu erhalten, überleben mit den Line-up Wechseln oder das Schreiben der Songs?
Erik: Zu Beginn waren es die Wechsel in der Band. Schaue ich mir diese zwanzig Jahre an…, die Art der Musik, die wir spielen, war dermassen aus der Mode. Man musste wirklich ein Idiot sein, solche Lieder zu schreiben und zu spielen. Wir bekamen keine Gigs, kein Label wollte mit uns zusammen arbeiten, und niemand interessierte sich für uns. Der Markt war völlig tot für uns, aber das spielte für uns keine Rolle. Die Hater waren gegenüber unserer Musik sehr negativ eingestellt. Es war ein sehr harter Part, weiter zu machen. Wir veröffentlichten zwei Scheiben zu Beginn vom Jahr 2000. Danach verstrichen vier Jahre, bis wir wieder ein neues Album raus brachten. Wir hatten keine Ahnung vom Produzieren und kriegten nicht den Hauch einer Chance aufzutreten. Wir hatten gar nichts! Aber die Dinge änderten sich! Heute ist alles um einiges einfacher. Wir veröffentlichen, die Leute hören das Werk und kaufen es nicht nur auf Spotify (lacht). Das ist wirklich ein Privileg, dass unsere Fans die Alben auch erwerben und nicht nur gratis herunter laden. Für neue Truppen ist dies jedoch der reinste Horror. Wir haben wirklich das grosse Glück, dass sich die Fans um uns kümmern und das physische Album kaufen. Bei anderen Combos interessieren sich die Leute einen Scheiss darum.
MF: Somit warst du über das Musikbusiness, Labels oder Manager angepisst?
Erik: Du ganze Zeit (lacht)! Ich liebe die Musik, aber hasse das Business. Niemand, der nicht in diesem Bereich beschäftigt ist, kann sich vorstellen, wie verrückt das Zusammenspiel zwischen Musik und Geschäft ist. Es ist ein stetiger Kampf, den man austragen muss. Wir sind seit dem ersten Album bei Frontiers. Ich denke, irgendwas taten wir richtig, dass wir noch immer bei ihnen sind. Weisst du Martin, das ganze Streamen ist wirklich eine dumme Geschichte. Zu realisieren, dass du nicht mehr für deine Musik bezahlt wirst…, mit dem Geld aus dem Streaming kann ich meine Rechnungen nicht bezahlen. Diese Dinge machen mich traurig und verrückt. Der Wert der Musik ist gefallen, von einem Hype tief auf den Boden herunter. Das war so nicht zu erwarten. Aber ich bin mir sicher, dass wir noch immer alles gut machen (grinst).
MF: Du spielst bei Ammunition, Nordic Union, W.E.T. und Eclipse. Wie einfach ist es für dich, diesen Truppen eine eigene Identität zu verleihen?
Erik: Es ist und war immer sehr wichtig, dass diese Combos ihren eigenen Charakter behalten. Bedingt durch die jeweiligen Sänger war dies immer gegeben. Darum klingen Eclipse nach meiner Truppe, weil meine Gesangsstimme sie prägt. Das ist bei jeder Combo der Fall. Schreibe ich für die anderen Bands, habe ich eine andere Denkweise. Eclipse sind meine Heimat und meine Musik oder unsere Truppe und unsere Musik. Was wir komponieren und spielen, kommt aus unseren Herzen, und ist der Weg, wie ich Songs ohne Kompromisse schreiben will. Es gibt einiges Material mit W.E.T., welches ich niemals mit Eclipse aufnehmen würde.
MF: Welches war der ausschlaggebende Punkt, dass du mit der Musik begonnen hast?
Erik: Als ich ein kleiner Junge war, liebte ich es Gitarre zu spielen. Ich war aber mehr in den Motocross-Sport involviert und wollte ein Motocross-Star werden. Mit meinem Dad fuhr ich in einem Van den ganzen Sommer den Rennen nach. Als ich achtzehn Jahre alt war, brach ich mir meinen Fuss bei einem Wettbewerb. Acht Wochen lang trug ich einen Gips. Das Einzige was ich in der Zeit tun konnte, war in meinem Zimmer zu sitzen und Gitarre zu spielen. Das hat einen Hebel in Bewegung gebracht und meine Prioritäten geändert. Dieses nicht mehr auf das Motorrad steigen können, weil ich einen Gips trug. Ich wurde älter und der Traum, dass ich Musiker werden könnte, wurde reeller. Weisst du Martin, die erfolgreichste Zeit durch die Musik verbringe ich gerade in diesem Moment. Okay, es ist schwierig Konzerte zu spielen, aber in ein paar Jahren werden wir zurück schauen und sagen: "Ja, wir hatten diese langweilige Zeit durch die Pandemie, die hat echt keinen Spass gemacht". Es hat sich alles zum Guten gewendet, wenn ich an meine Anfangszeiten denke (grinst). Wir haben wirklich verdammt hart gearbeitet und wurden für nichts bezahlt. Es war ein harter Kampf zu überleben, aber Jahr für Jahr wurde es besser, und ich kann heute von der Musik leben. Das ist grossartig, und ich könnte nicht glücklicher sein.
MF: Was war für dich in der Vergangenheit wichtig, und was ist es heute?
Erik (überlegt lange): Wow, was für eine Frage…, weisst du, ich habe heute zwei Kinder und eine Familie. Die Prioritäten haben sich verschoben (grinst), sprich weg von der egoistischen Haltung nur an mich und meine Karriere zu denken. Meine Frau und die Kinder sind um einiges wichtiger (grinst). Es war ein einschneidender Moment, aber ich bin glücklich und dankbar dafür. Ich würde es für nichts anderes tauschen wollen.
MF: Erik, herzlichen Dank für das Gespräch, und wir sehen uns im Z7.
Erik (grinsend): Ja, das wäre grossartig dich dort zu sehen. Einen schönen Abend, und pass auf dich auf.