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"...Stell dir vor, du läufst durch die Wüste, dein Wasser ist alle und du krabbelst durch den Sand..."
"Wo Axel drauf steht, da ist auch Rüdiger Pell drin!" Wahrscheinlich einer der dümmsten Sprüche, den es gibt, aber am Ende des Tages und des hart rockenden Nachtgebets die volle Wahrheit. Nachdem sich der Bochumer mit vier Alben und seiner ersten Band Steeler in mein metallenes Herz spielte, war es 1989 an der Zeit, dass sich Axel auf seine musikalischen Einflüsse konzentrierte und mit «Wild Obsession» eine richtig geile Solo-Scheibe veröffentlichte. 35 Jahre später, mit 21 Studio-Alben, sechs Balladen-Outputs und fünf Live-Werken im Gepäck, legt der mittlerweile 64-jährige Gitarrist einmal mehr eine Meisterleistung hin. Dieses Mal lag der Fokus etwas mehr auf Led Zeppelin (nicht nur wegen der unglaublich geilen Cover-Version von «Immigrant Song») und Black Sabbath zu den Jahren mit Dio und Tony Martin.
«Risen Symbol» vernachlässigt trotzdem nicht die Markenzeichen von ARP, sondern manifestiert auf eindrückliche Weise, dass sich Axel in seinem selbstauferlegten "Korsett" durchaus mit neuen Nuancen schmücken und die Fans begeistern kann. Allein für eine Nummer wie «Ankhaia», die ein kommender Klassiker geworden ist, würden andere Komponisten morden. Die Mischung aus schnellen Songs, partytauglichen Rockern, unter die Haut gehenden Balladen und dem nicht kopierbaren Spiel von Axel, Sänger Johnny Gioeli und Trommler Bobby Rondinelli (ehemals Rainbow, Black Sabbath, Doro, Riot, Quiet Riot) sowie die perfekten Ergänzungen an den Keyboards (Ferdy Doernberg) und am Bass (Volker Kravczak) ergeben erneut ein Album, das man sich so von Axel wünscht und das sich trotzdem nicht wiederholt.
MF: Was war dieses Mal bei der Entstehung von «Risen Symbol» anders als bei den vorherigen Alben?
Axel: Da gab es keine Unterschiede, ich habe alles so gemacht wie immer, bis auf ein paar kleine Teile. Grundsätzlich sind da Gitarren-Riff, Gesangs-Strophe, Pre-Chorus, Chorus, Riff, Solo und dann beginnt es wieder von vorne. Dieses Mal habe ich bei ein paar Liedern unterschiedliche Gitarren-Riffs eingebaut. Das war eine Eingebung von mir (lacht). Spontan ist mir immer wieder etwas Neues eingefallen.
MF: Wo siehst du «Risen Symbol» in der Diskographie von Axel Rudi Pell, beziehungsweise die Unterschiede zu den anderen Alben?
Axel: Klar gibt es Unterschiede (grinst). Dieses Mal sind wir ein bisschen "heavier" unterwegs. Auch ein klein wenig düsterer, aber noch immer sehr melodisch. Der Sound ist mit Abstand der beste, den wir bisher hatten. Alles klingt megafett, ist geil eingespielt und gesungen…, es ist das beste Album, das wir jemals gemacht haben (mit lauter Stimme und lachend). Was soll ich noch dazu sagen (lacht)?
MF: Das hast du beim letzten Mal auch gesagt…
Axel: …ich weiss, aber dieses Mal meine ich es ernst (grinst).
MF: Hast du dich beim neuen Werk ein bisschen an «Black Moon Pyramid» orientiert?
Axel: Die Thematik betreffend ja. Vor etlichen Monaten habe ich mir alle Covers nochmals angeschaut. Mir schwebten ein paar Riffs im Kopf rum, die sehr orientalisch klangen. Dieses Mal musste die Pyramide als Ganzes auf dem Cover zu sehen sein, mit roter Farbe, glühend oder mit Lava. So kam es zu «Risen Symbol». Die neue Scheibe ist auf eine Art und Weise die Auferstehung der Pyramide.
MF: Das passt gleich zu meiner nächsten Frage. Welche Verbindung weist das Cover zu den Texten auf?
Axel: Natürlich sind nicht alle auf das Cover bezogen, aber alles sind fiktionale Geschichten, die mir eingefallen sind. Was am besten zum Cover passt, ist der Text zu «Ankhaia». Im längsten Werk auf «Risen Symbol» geht es um eine fiktionale Stadt, die ich erfunden habe. Stell dir vor, du läufst durch die Wüste, dein Wasser ist alle und du krabbelst durch den Sand. Die Sonne brennt unaufhörlich vom Himmel, und da siehst du eine Riesen-Pyramide. Du krabbelst dahin und sobald du angekommen bist, merkst du, dass du einer Fata Morgana zum Opfer gefallen bist. Das ist «Ankhaia». Der Titel kommt vom ägyptischen Symbol Ankh.
MF: Wenn wir gerade bei diesem Ankh-Kreuz sind, das für das Weiterleben im Jenseits steht. Glaubst du an ein Leben nach dem Tod?
Axel: Auf jeden Fall, bloss nicht in der Form, in der wir uns das vorstellen. Dass die Seelen herum schweben und von oben herunter schauen, finde ich Quatsch. Wahrscheinlich gibt es eine Lebensform, in der das menschliche Hirn zu unintelligent ist festzustellen, was das für eine Form sein könnte. Wahrscheinlich irgendetwas, von dem wir noch nicht wissen, dass es existiert. Da glaube ich fest daran, in welcher Art auch immer. Ich hoffe, dass ich dann mit allen Verstorbenen, Menschen und auch Haustieren zusammen leben oder mich zumindest austauschen kann. Das wäre megacool.
MF: Faszinieren dich die Pyramiden und die ägyptische Kultur?
Axel: Ja, Teile davon. Nicht immer und nicht alles, aber ich finde es sehr faszinierend, dass in einer bestimmten Kammer in einer Pyramide, die in einem speziellen Winkel ausgerichtet ist, menschliches Fleisch nicht verwesen kann. Das kann man nicht nachvollziehen, ist aber so. Mein Spatzenhirn kann das nicht verstehen, aber es gibt sicher Physik-Professoren, für die ist das völlig easy. Aber sowas zu bauen, hat in Deutschland noch keiner geschafft (grinst).
MF: Würdest du so weit gehen, eine Art Konzept-Album über Pyramiden, Pharaonen und die ägyptische Geschichte zu schreiben?
Axel: Ne ne, auf keinen Fall. Aktuell habe ich viel davon schon für «Risen Symbol» verwendet, und das reicht aber auch. Da müsste man die Texte danach ausrichten, und dazu habe ich keinen Bock (grinst).
MF: Einen Titelsong gibt es dieses Mal nicht oder heisst er nur anders?
Axel: Tatsächlich gibt es keinen, das hast du richtig erkannt. «Risen Symbol» ist die Auferstehung des Symbols, in diesem Fall der Pyramide, und so wurde alles ein bisschen orientalischer.
MF: Es scheint aber, dass dir dieses Mal das Komponieren sehr flott von der Hand ging, oder?!
Axel: Einfach ist überhaupt nichts bei mir (lautes Lachen). Zum Glück habe ich noch immer sehr viele Ideen. Teilweise sehr gute, aber ab und zu ist auch Scheisse dabei. Das muss ich zu meiner Schande gestehen. Wie du weisst, setze ich mich hin und bastle die einzelnen Song-Fragmente zusammen. Das ist dieses Mal so spontan gut zusammen gelaufen, dass ich relativ schnell fertig war. Ich war vier Wochen vor meiner angesetzten Zeit fertig. Klar musste ich mich dann auf die Arbeit im Studio vorbereiten, somit war nix mit zusätzlicher Freizeit (grinst).
MF: Du komponierst alles und schreibst die Texte, wärst du ab und zu froh, Inputs von deinen Jungs zu kriegen?
"...Inputs von aussen würden überhaupt nichts bringen, das würde bei mir nach hinten losgehen. Bei mir wird so lange diskutiert, bis ich recht habe..."
Axel: Inputs von aussen würden überhaupt nichts bringen, das würde bei mir nach hinten losgehen. Bei mir wird so lange diskutiert, bis ich recht habe (lacht). Das sage ich meinen Jungs auch immer: "Ihr kennt meine Einstellung", worauf sie antworten: "Ist okay, wir sagen nix" (lacht). Inputs gibt es beim Einspielen im Studio. Ferdy kommt immer mit verschiedenen Keyboard-Melodien an. Probieren wir etwas aus und das klingt verdammt gut, dann übernehmen wir dies auch.
MF: Habt ihr die neuen Tracks alle zusammen im Studio eingespielt?
Axel: Es waren alle im Studio, bis auf Johnny. Zu Hause erstelle ich meine Demos. Mit denen wandere ich ins Studio und spiele alle Instrumente, bis auf das Schlagzeug, selbst ein. Das wird dann von meinem Engineer ins Pro-Tool-System geladen. Bobby fliegt rüber und spielt immer als Erster seine Parts zu meinen Demos ein. Ich erkläre ihm, was meine Idee ist, aber meistens brauche ich nicht viel zu sagen, weil wir die gleiche Wellenlänge haben. "I know exactly what you want to play, baby", dann beginnt er zu trommeln und ich sage nur noch "genau so will ich es haben". Bobby ist ein Superprofi. Danach kommt das Keyboard, aber dieses Mal waren zuerst die Rhythmus-Gitarren an der Reihe. Dann war Ferdy dran, weil ich bei einigen Grundtönen nicht sicher war…, es gibt eben immer zwei oder verschiedene Wege, die nach oben führen. Deswegen wollte ich zuerst Ferdy hören und dann kam Volker mit seinem Bass. Am Schluss noch Johnny und meine Soli.
MF: Es klingt hervorragend…
Axel: …danke! Danke!! Danke!!!
MF: Für mich eines der drei besten Alben von dir, wenn nicht sogar das Beste…
Axel: …das sehe ich genauso, aber es tut gut zu hören, wenn das aus deinem Mund kommt. Sage ich das, sind alle der Meinung: "Ja, das sagst du immer", aber es stimmt ja (lautes Lachen).
MF: Wie kam es zur Cover-Version von «Immigrant Song»?
Axel: Dieser Track verfolgt mich schon seit 1972, als er heraus gekommen ist. Das Original dauert nur zwei Minuten vierzig lang. Ich fand den immer cool, wollte ihn covern, hatte aber nie die zündende Idee, wie ich die Nummer verändern könnte, dass es für mich noch interessanter klingt. Dieses Mal war es so weit, mit dem ganzen orientalischen Scheiss im Kopf und der Pyramide. Ich setzte mich hin und kreierte einen komplett neuen Anfang. Das hat mit dem Original nichts mehr zu tun. Auch der Mittelteil erklingt völlig neu. Wir haben alles ein bisschen Pell-mässig aufgehübscht oder versaut, je nachdem, wie man das sieht. Johnny mochte die Nummer von Led Zeppelin nicht. "Muss das sein mit diesem Cover?" "Sing es doch erstmal ein", war meine Antwort. Als er dies dann getan hatte, war seine Reaktion: "Axel, I love this song, it's fucking awesome!"
MF: Ich finde deine Cover-Version echt mutig, da es immer schwer ist, eine gelungene Nummer einzuspielen. Entweder bleibst du sehr nahe beim Original oder du bastelst deine eigene Version daraus. Hier habt ihr die perfekte Balance von beidem umgesetzt.
Axel: Das sehe ich genauso. Absolut! 100 Punkte für dich (lacht).
MF: Man hört bei den ersten Klängen nicht, dass es dieser Song ist…
Axel: …richtig…
MF: …bis diese typischen Elemente zu hören sind.
Axel: Genauso ist es, die gehören rein, weil sie zu dieser Nummer gehören.
MF: Wie viel Black Sabbath zu Dios Zeiten und Led Zeppelin steckt als Inspiration in «Ankhaia»?
Axel: Ganz viel (grinst), mindestens 90 % (lacht). Viele sind der Meinung, dass sich der Song nach Rainbows «Stargazer» anhört, aber das stimmt so nicht. Natürlich gibt es auch Teile daraus. Ich sage mal viel Led Zeppelin und wenig Rainbow (grinst). Dazu kommen die typischen Pell-Sachen, und daraus entstand eine gute Mischung.
MF: Ab und zu kommt noch ein bisschen Black Sabbath mit Tony Martin und Dio dazu?
Axel: Ja, da hast du recht. Mit Dio und Tony, das geht immer.
MF: Ich war nie ein Fan von Black Sabbath mit Ozzy, aber mit den anderen beiden wars immer cool!
Axel: Das geht mir genauso. Das einzige Album mit Ozzy, das mir gefällt, ist «Sabbath Bloody Sabbath». Da sind wirklich Hammerstücke zu hören.
MF: Was ist dir bei den Texten wichtiger, einen mystischen Touch mit einem Hauch einer fesselnden Story einer vergangenen Zeit oder eher zeitgemässe Dinge zu thematisieren?
Axel: Es kommt immer auf den Song an. Meistens habe ich beim Komponieren der Texte den Titel schon. Den Rest baue ich anschliessend drumherum. Das muss musikalisch passen. Bei «Ankhaia» kann ich keinen Text über die kalifornischen Beach Girls schreiben (lacht). Da würden sich alle fragen, was macht der Pell da für einen Scheiss? Zu Recht auch! Es ist gefühlsabhängig und was mir einfällt. Ab und zu sind es neuzeitliche Themen. Am Ende sind es jedoch generell fiktionale Geschichten. Die Inspirationen fliegen mir von allen Orten zu. Sei es aus den Nachrichten oder wenn ich mit Freunden beim Griechen sitze und den 85. Ouzo vertilge (lacht).
MF: Wie fühlt es sich an, ein neues Album mit bärenstarken Nummern zu veröffentlichen, die man aber nicht alle im Set einbauen kann, weil dieses schon mit Klassikern gefüllt ist?
Axel: "Don’t ask me, next question please" (lautes Lachen). Es wird von Album zu Album immer schwieriger. Mit Absprache der Bandmitglieder habe ich die neue Setliste für die kommende Tour erstellt. Dabei bauen wir dreieinhalb neue Songs ein. Einer ist Teil eines Medleys. Drei Tracks haben wir von der letzten Tour weggelassen. Dafür kam eine Nummer rein, die wir seit 2018 nicht mehr spielten. Weisst du, wir können unsere Klassiker nicht rausschmeissen. Würden wir «Masquerade Ball», «Rock The Nations» und «Casbah» weglassen, würden alle meckern. Zu Recht. «Oceans Of Time» werden wir spielen müssen, bis ich tot von der Bühne falle. Diese Songs sind Pflicht, und die Leute verlangen danach, darum tun wir ihnen auch den Gefallen.
MF: Was ist für dich der Ansporn neue Musik zu komponieren, wenn du weisst, dass du nicht alles vom neuen Material spielen kannst, obschon man die jungen Babys präsentieren möchte?
"...Aktuell befinde ich mich in Höchstform, wieso sollte ich dies stoppen?..."
Axel: Das Feuer, das in mir brennt. Die Flamme, die lodert. Das ist Teil meines Jobs und meines Lebens. Das bin ich! Wenn ich nicht mehr neue Musik schreiben kann, was soll ich dann machen? Nur noch live spielen? Ja gut, ist auch schön. Meine kreative Phase will stets heraus! Aktuell befinde ich mich in Höchstform, wieso sollte ich dies stoppen? Ich habe keine Wahl, ich muss das tun und liebe es!
MF: Das machst du super! Höre ich mir die letzten drei, vier Alben an, war immer eine Steigerung zu vernehmen. Das flachte nie ab und da kommt Qualität ohne Ende.
Axel (grinsend): Und das aus deinem Mund (lacht). Ich danke dir (lautes Lachen).
MF: Und ohne Bezahlung (beide lachen).
Axel (noch immer lachend): Genau, irgendwann trinken wir im Z7 ein Bier. Dieses Mal aber im Komplex in Zürich (09.10.2024). Vorher spielen wir am «Rock The Lakes» (18.08.24). Wir sprachen mit dem Z7, aber da Norberts Sohn beim «Rock The Lakes» involviert ist, haben wir die Z7-Show auf das kommende Jahr geschoben, wenn wir die zweite Hälfte der Tour spielen.
MF: Wie kommt es, dass die Band nun seit elf Jahren in der gleichen Besetzung ist? Dabei sind Johnny und Ferdy seit 1998 mit von der Partie und Volker von Beginn an.
Axel (lachend): Ich zahle gut! Ne, das war nur ein Scherz. Volker würde jetzt gleich losschreien. Die Chemie passt. Wir haben nicht das Problem, dass wir in der gleichen Stadt wohnen und uns drei bis vier Mal in der Woche treffen. Das wird irgendwann langweilig, und man beginnt, sich nicht mehr auszustehen. Der eine will lieber zum Fussball gehen, hat eine neue Freundin oder keinen Bock mehr auf die Proben (lacht). Die beiden Amis sehe ich nur bei den Aufnahmen, zum Proben oder auf Tour. Das ist mega! Kommen wir zusammen, ist es wie bei einer grossen Familie, und jeder erzählt von seinem Erlebten in den letzten Monaten.
MF: Mit welchem Album hast du den Durchbruch geschafft?
Axel: "Sind wir schon durchgebrochen?"
Axel: Gute Frage! Das weiss ich selbst nicht. Nur von der Musik leben können, das kann ich seit 1993, seit der ersten «Ballads». Womit ich den Durchbruch geschafft habe? Sind wir schon durchgebrochen (lacht)? Den habe ich, wenn ich das gleiche Gesicht wie Thomas Gottschalk oder Günther Jauch habe, du zum Bäcker gehst und alle sprechen dich an. Dann habe ich es geschafft, aber so weit will ich nicht kommen. Das wäre furchtbar, wenn ich in den Supermarkt gehe und jeder Zweite will ein Selfie mit mir machen. "Nee du, heute mal nicht, denn die Haare sehen scheisse aus! (lacht).
MF: Vielen, herzlichen Dank für das wie immer offene und sehr spassige Gespräch. Ich freue mich, dich in Zürich (09. Oktober 2024, Komplex 457 Zürich) zu sehen.
Axel: Super, ich freue mich auch. Bleib gesund und bis dann.